3. Reisebericht: Von Zacatecas zur Kupferschlucht

18. - 24. November 2015

Die nördlichste der legendenumrankten Silberstädte Mexikos im zentralen Hochland ist Zacatecas, eine UNESCO-Weltkulturerbestätte, die in einem schmalen Tal inmitten einer trockenen Landschaft liegt. Bereits Jahrhunderte vor den Spaniern hat hier das Volk der Chichimeken Silber abgebaut. Der Silberrausch soll in dieser Gegend ausgebrochen sein, nachdem ein Chichimeke ein Stück des wertvollen Metalls einem Konquistador gegeben hat. 1548 gründeten die Spanier eine Siedlung und begannen mit dem Bergbau in der Region.
Wir verzichten auf Bergwerkbesichtigungen und bummeln stattdessen durch die Kolonialstadt mit schönen Gebäuden, Kirchen, Museen und Kunstgalerien.

Wir wollen weiter ins nördliche Hochland nach Durango, das schon zum Grenzland zu den USA gezählt wird. Mexikos wilder Norden lockte jahrhundertelang Revolutionäre, Banditen, Gesetzeshüter und Gesetzlose an. Die einsame Wüstenlandschaft und einige der tiefsten und spektakulärsten Schluchten eigneten sich perfekt als Verstecke. Wir wandeln auf den Spuren von Butch Cassidy, Sundance Kid, Wyatt Earp etc. In der dramatischen Kulisse wurden zudem viele Hollywood-Western gedreht und wir besuchen die ehemaligen Filmkulissen. Wir dürfen sogar auf dem Gelände zwischen Saloon, Sheriff-Office und Indianerdorf übernachten. Die in den Bäumen aufgehängten Gangster sind entweder Puppen oder schon lange tot, somit stören sie uns nicht.

Das Natur-Highlight der Region ist die Barranca del Cobre, die Kupferschlucht. Ein Labyrinth aus sieben Hauptschluchten bedeckt ein Gebiet, das viermal so groß ist wie der Grand Canyon in Arizona. Der wohl beste Weg um dieses Gebiet zu entdecken ist die Fahrt im "Chepe", Mexikos spektakulärster Eisenbahn, die an der Küste beginnt und auf 2.400m im Hochland endet. Die Zugfahrt wollen wir in jedem Fall machen, wenn wir wieder an der Küste sind. Wir nähern uns dem Schluchtengebiet jetzt vom Hochland, fahren durch endlose Pinienwälder und erreichen über eine der Schluchten den kleinen Ort Creel. Wir übernachten an einem See im Gemeindeland der indigenen Tarahumara, eine von Mexikos traditionellsten indigenen Kulturen.

Das Klima ist alpin und nachts wird es eisig kalt. Unsere Fenster vereisen und wir haben Bedenken, dass unsere Wasserleitungen einfrieren. Letztendlich haben wir nur eine Menge "Kondenswasser" aufzuwischen und alles bleibt heil. Minus 5 Grad nachts in Mexiko - und zuhause ist noch immer Altweibersommer, so haben wir uns das nicht vorgestellt. Tagsüber scheint jedoch wieder die Sonne und es ist T-Shirt Wetter. Wir besuchen im Tarahumara-Gebiet das Tal der „erigierten Penisse“ (das heißt wirklich so in der Sprache der Indigenas) und sind von den Felsformationen begeistert.

Die Tarahumara-Indianer leben auch heute noch in Höhlen und kleinen Holz- und Steinhütten abseits der Zivilisation. Wir zahlen gerne den kleinen Eintritt in das Gemeindeland und schauen uns auch die witzigen Felsformationen im Tal der "Frösche und Pilze" an.

Wir machen einen Abstecher nach Cuauhtemoc, dem Zentrum von Mexikos Mennoniten, einer Glaubensgemeinschaft die im 16. Jahrhundert in Deutschland und den Niederlanden entstand. Die Mennoniten sind extreme Pazifisten und akzeptieren weltliche Gewalt nur, soweit diese Gottes Willen entspricht. Dadurch entstanden in vielen Ländern Konflikte und die Mennoniten zogen weiter. Anfang des 20. Jahrhunderts sicherte Mexikos damaliger Präsident den Mennoniten Souveränität zu und Mexiko hat inzwischen die größte "Kolonie" in Süd-/Zentralamerika. Traditionell arbeiten die Mennoniten in der Landwirtschaft und wir fahren -zig Kilometer durch Viehweiden, riesige Getreidefelder und Apfelplantagen - der Großteil der mexikanischen Äpfel wird hier angebaut. Es ist Sonntag, alle Geschäfte sind geschlossen und wie wir von der netten jungen Dame, in deren Hotel wir im Hof stehen, erfahren, geht es nicht nur in die Kirche, es ist auch Erntedankfest. Wir fahren dennoch durch einige der Dörfer mit gepflegten - bescheidenen - Wohnhäusern inmitten der großen landwirtschaftlichen Betriebe. Wir halten an einer Käserei und fragen, ob der Hofladen geöffnet hat. Nein, wird uns erklärt, es ist ja Sonntag. Woher wir denn kommen werden wir gefragt und keine 5 Minuten später wird der Laden geöffnet und wir bekommen vom Junior-Chef noch eine Führung durch die Produktion. Natürlich alles in deutscher Sprache.

Wir wollen jetzt an die Küste und dann per Schiff auf die Baja California. Es sind 550 Kilometer zu bewältigen - zwei Routen führen durch die Sierra Madre Occidental, beide liegen im Drogengebiet und gelten als nicht sicher. Wir haben davor keine Angst mehr, gerne würden wir mal ein Marihuana oder Opiumfeld ansehen, oder bei der Herstellung von Kokain dabei sein. Dafür müssten wir in den Wald abbiegen und nach der nächsten Drogenproduktion fragen - dies trauen wir uns jedoch nicht. Vielleicht hätten wir das in Kolumbien machen sollen. Aber die Fahrt an sich, durch die wunderschöne, schroffe und einsame Bergwelt ist auch spannend genug. 300 Kilometer lang reiht sich Kurve an Kurve auf der schmalen Landstrasse und wir quälen unseren Toyopedi immer zwischen 1.500 und 2.000 Metern bergauf und bergab. Nach ca. 400 Kilometern sind wir dann nicht mehr alleine auf der Strasse und erreichen die Stadt Hermosillo. Bevor es dunkel wird stoppen wir am Truck-Stop einer Pemex Tankstelle und beschließen hier die Nacht zu verbringen. Faszinierend ist für uns, wie die Trucker (kleine Mexikaner, die hinter dem Lenkrad verschwinden und in der riesigen Fahrerkabine kaum zu sehen sind) ihre riesigen Freightliner mit Auflieger rückwärts in eine Parklücke zirkeln.
Trotz des Lärms an der Tankstelle und von der Autobahn schlafen wir gut und fahren die letzten Kilometer bis nach Guaymas, unserem Fährhafen. Wir fragen direkt im Hafen, wann wir verschiffen können und werden höflich darauf hingewiesen, dass man ein Fahrzeug 4 Tage vorher anmelden muss, aber sie prüfen und telefonieren, und prompt bekommen wir für den gleichen Abend noch ein Fährticket angeboten, sogar mit einem Rabatt von EUR 100,00. Somit kostet uns die 10-stündige Überfahrt auf die Baja California EUR 300,00 inklusive Toyopedi.

Am Abend im Hafen wird der Toyopedi dann von der Policia Maritima, gefährlich aussehende und schwer bewaffnete junge Männer, intensiv - zum ersten Mal auch mit Hunden - nach Drogen durchsucht. Meine Bitte an den Polizisten, dass er die staubigen Stiefel ausziehen soll, wenn er in unser Haus geht, interessiert ihn wenig und lässt ihn nur freundlich grinsen. Wir fragen später, warum sie so intensiv kontrollieren, aufwendiger als an der Grenze Kolumbien – Panama, und bekommen höflich erklärt, dass über die Baja California viele Drogen in die USA geschmuggelt werden.

Dass wir bei der Ankunft am nächsten Morgen die gleichen Kontrollen nochmals durchlaufen müssen nervt dann schon etwas – das Drogenthema scheint uns weiter zu begleiten. Erstaunlicherweise nicht in den Ländern, wo wir es eigentlich erwartet haben.

  • Stolze Mexikanerin am Feiertag der Revolution