7. Reisebericht: California - The Golden State
11. November - 19. Dezember 2016
Wir fahren wieder nach Kalifornien, vor einigen Tagen hatten wir bereits einen Abstecher gemacht, denn das Death Valley liegt bereits in Kaifornien. Ca. 10% der US-Amerikaner leben hier, was Kalifornien zum bevölkerungsreichsten Bundesstaat macht, die vielen illegalen Einwanderer nicht mitgerechnet. Wir fragen uns, und auch die US-Bürger mit denen wir ins Gespräch kommen, wie es denn möglich sein kann, dass geschätzt über 11 Millionen Menschen illegal in den USA leben, was ja ein großes Thema im Wahlkampf war. Wir können uns diese hohe Zahl von Illegalen kaum vorstellen, denn alle müssen Geld verdienen um zu leben und sozial unterstützt werden illegale Einwanderer wohl nicht. Unsere Gesprächspartner erklären uns, dass es genügend Firmen gibt, die diese Menschen beschäftigen, da sie gezwungenermaßen zu Hungerlöhnen arbeiten. Gerade in der südkalifornischen Landwirtschaft, aber auch in der Baubranche oder der Textilindustrie seien die Illegalen inzwischen unverzichtbar.
Somit erscheinen auch die Wahlkampfparolen in einem anderen Licht: die illegale Einwanderung ist sicherlich ein Thema, aber die illegale Beschäftigung ein amerikanisches Problem und nicht ein mexikanisches oder zentralamerikanisches. Und daran wird eine Mauer entlang der Grenze zu Mexiko auch nichts ändern.
Das Wetter ist nach wie vor phantastisch und wir beschließen, über den Tioga-Pass in den Yosemite Nationalpark zu fahren. Der Pass wird mit dem ersten Schnee geschlossen, was meist Anfang November der Fall ist. Mangels Internet sehen wir nur durch Zufall die Wettervorhersage: in zwei Tagen wird Schnee erwartet – das können wir schaffen. Wir legen einen Stop in den Alabama Hills zu Füßen des Mount Whitney, des höchsten Berges der USA (ohne Alaska), und am Mono Lake ein, aus dem meterhohe bizarre Kalkgebilde ragen.
Die Schriftzüge auf der Bretterfassade sind verblichen, auf einem Regalbrett stehen hinter blindem Fensterglas verstaubte Flaschen und Dosen, eine umgekippte Schubkarre liegt neben einem verrosteten Auto im Gras - wir sind in Bodie, einer "echten" Geisterstadt. Die auf einem staubigen Hochplateau liegende Bergbausiedlung aus dem 19. Jahrhundert wurde weder restauriert noch kommerzialisiert, sondern im ursprünglichen Zustand belassen. Mit Schließung der letzten Miene in den 1950er Jahren wurde die ehemalige Goldgräberstadt verlassen.
Bei strahlendem Sonnenschein passieren wir den Tioga-Pass und die Granitfelsen des Yosemite, teilweise schon schneebedeckt, leuchten vor dem blauen Himmel.
Auf 3.000 Höhenmetern ist es inzwischen dennoch recht frisch und auch im schönen Yosemite Valley, in das aufgrund der steil aufragenden Felswände kaum Sonne kommt, ist es ziemlich kalt. Daher verzichten wir auf längere Wanderungen und beschränken uns auf die "Highlights".
Wir beschließen, einen Abstecher zum weiter südlich gelegenen Sequoia Nationalpark zu machen, in dem die „Sequoia gigantea“, die größten Bäume der Welt wachsen. Unerwartet liegt unser Übernachtungsplatz im Park auf über 2.000 Metern, und das heißt minus 6 Grad in der Nacht.
Die Fahrt durch den Nationalpark entschädigt jedoch für die Kälte der Nacht und wir spazieren, inzwischen warm eingepackt, zu den gigantischen, bis zu 3.000 Jahre alten Mammutbäumen. "General Sherman" gilt, gemessen am Volumen, als größter Baum der Welt - wir rechnen nach: mit dem Holz könnten wir unser Haus über 200 Jahre heizen... Dennoch ist er mit stolzen 83 Metern nicht der höchste Baum, es gibt hier im Wald und an der Küste Kaliforniens noch einige längere Redwoods.
So wunderschön Kalifornien bis jetzt ist, bedrückt es uns auch. Wie schon in den Nachbarstaaten sind die Stauseen wenig gefüllt, wir sehen erstmals komplett versandete Flüsse und an den riesigen Obstplantagen im "Central Valley" große Schilder „Pray for Rain“ oder „Watering food is not a waste“. 20 Jahre kaum Regen haben ihre Spuren hinterlassen. „Drill for water“ heißt dennoch das Motto und es wird immer tiefer gebohrt, um Grundwasser zu fördern und die Landwirtschaft am Leben zu erhalten. An die zukünftigen Generationen wird dabei offensichtlich nicht gedacht. Gleichzeitig wird überall auf das Wassersparen hingewiesen, was wir von früheren Reisen nicht kannten.
Unerwartet werden wir unterwegs, bei einem Besuch in einer „public library“ (siehe Beobachtungen zum Thema Internet), von einer netten Dame und ihrer Tochter angesprochen. Wir hatten das Mädchen schon beim Fotografieren unseres Toyopedi beobachtet und uns amüsiert, daß die ca. 12jährige sogar unter das Auto krabbelte um Fotos zu machen. Die Mutter ist ebenfalls begeistert und lädt uns so charmant ein ihre Familie zu besuchen, dass wir nicht wirklich ablehnen können. Wie wir erfahren, hat ihr Mann vor kurzem drei "Westfalia" VW-Synchro gekauft und mit dem Fittesten will die Familie in der nächsten Woche zu einer ersten Tour nach Mexiko aufbrechen. Eigentlich wollen wir weiter, doch auf einen Kaffee schauen wir vorbei…. Kaum haben wir die lange, baumbestandene Einfahrt zu einem wunderschönen Landhaus passiert winkt uns Michael, unter einem der VW-Busse liegend, auch schon fröhlich zu. Wir werden unglaublich herzlich aufgenommen und haben viel Gesprächsstoff, so dass wir über Nacht bleiben und hoffentlich noch lange mit dieser tollen Familie in Kontakt bleiben.
Unser erklärtes Ziel ist jetzt der Süden mit ganzjährig sommerlichen Temperaturen, doch zuerst geht es noch nach San Francisco, d.h. weiter Richtung Norden. Wir möchten die „Bay Area“ besuchen und haben auch eine Verabredung mit einem Toyota-Spezialisten nördlich von San Francisco. Wir nehmen die alte Goldgräberroute entlang der Route 49 und fühlen uns in der Zeit zurückversetzt, so liebevoll werden die Orte erhalten. Im Städtchen Columbia wurde der historische Ortskern in ein hübsches Freilichtmuseum umgewandelt.
Unser Toyopedi soll eine komplette Wellness-Behandlung bekommen und da unsere Werkstatt im bekannten kalifornischen Weinanbaugebiet Napa/Sonoma Valley liegt, wird auch unsere Wellness nicht zu kurz kommen.
San Francisco
Das schönste an der Stadt ist sicherlich die tolle Lage am „Golden Gate“, das die Bucht von San Francisco vom Pazifik trennt. Außerdem wirkt die Stadt eher unamerikanisch gemütlich, was zum einen daran liegt, dass sie sich über mehrere Hügel erstreckt und es trotz der schachbrettartig verlaufenden Straßen ständig bergauf und bergab geht. Zum anderen geben ursprünglich gebliebene Stadtteile wie Chinatown oder das italienische Viertel ein nettes Flair.
Das San Francisco eine Touristenattraktion ist, merkt man spätestens an den alten Hafenanlagen bei Fisherman’s Wharf und Pier 39, hier herrscht Kitsch und Kommerz, doch sobald man sich einige Straßen weiter bewegt, kann man die Stadt genießen.
Wir genießen auch unseren tollen Übernachtungsplatz im „Silicon Valley“. Zufällig parkten wir auf einem RV-Park nördlich von Las Vegas neben einem amerikanischen Expeditionsmobil und kamen schnell mit dem netten Eigentümer in Kontakt. Neben vielen guten Tipps für unsere Reise erhielten wir die Einladung, für unseren San Francisco-Besuch, doch bei ihm im Garten zu campen. Diese Einladung haben wir gerne angenommen, denn in SF gibt es, von einem überteuerten RV-Park abgesehen, kaum Campingmöglichkeiten. Somit haben wir uns für einige Tage im parkähnlichen Garten von Rick & Jan einquartiert und erleben erneut eine wunderbare Gastfreundschaft. Dass wir in illustrer Gesellschaft campen, erfahren wir nebenbei: einige Grundstücke weiter wohnte der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs und auch Larry Ellison, der Eigentümer von Oracle, gehört zu den Nachbarn.
Highway No. 1
Die 500 Meilen zwischen San Francisco und Los Angeles zählen zu den Traumstraßen der Welt und führen meist spektakulär entlang der Küste. Wir cruisen entspannt Richtung Süden, denn es gibt eine im Hinterland verlaufende Autobahn, so dass sich auch der Verkehr in Grenzen hält.
Der „17-Mile-Drive“ zwischen Monterrey und Carmel ist ein besonders schöner Küstenabschnitt und eine Milliardärsenklave. Zwischen prunkvollen Villen und dem Meer liegen, wen wundert’s, traumhaft angelegte Golfplätze.
Mehr begeistert uns eine große Kolonie von See-Elefanten und wir vergessen die Zeit bei der Beobachtung dieser massiven Tiere. Jedes Jahr kehren die Kolosse an ihren Geburtsort zurück um sich zu paaren und die Jungen zur Welt zu bringen. Derzeit sind bereits die „Teenager“ und die ersten erwachsenen Männchen am Strand, somit ist „action“ angesagt, denn die Bullen liefern sich heftige Rangkämpfe um die besten Strandabschnitte und die Youngsters eifern ihnen nach.
Nach einem Abstecher in die Universitätsstadt San Luis Obispo geht es weiter entlang der Küste. In einem Eukalyptuswald hat eine Kolonie von Monarch-Faltern eine Pause von ihrer fast 5.000km langen Reise in den Süden eingelegt und wir können sie fast im Vorbeifahren betrachten – in Mexiko hatten wir eine Reit-Tortur auf uns genommen, um die ankommenden Schmetterlinge hoch in den Bergen zu treffen. Allerdings haben wir dort auch ihre Farbenpracht sehen können - in den Bäumen hängend wirken sie eher farblos bzw. gut getarnt.
Santa Barbara gefällt uns mit seinem mediterranen Flair und natürlich fehlen auch hier nicht die vornehmen Villenviertel in den Hügeln oberhalb der Stadt.
Im Großraum Los Angeles leben auf einer Fläche, die in etwa Schleswig-Holstein entspricht, rd. 18 Millionen Menschen, das sind mehr als doppelt so viel wie in unserer Wahlheimat Österreich. Damit ist Los Angeles nach New York der zweitgrößte Ballungsraum in den USA. Die längste Straße der Metropole erstreckt sich über 100km, dagegen wirken Großstädte wie San Francisco und Las Vegas wie gemütliche Dörfer. Hatten wir kurzfristig mit dem Gedanken gespielt, noch einmal den Walk of Fame in Hollywood entlang zu schlendern, durch Beverly Hills zu cruisen oder die Universal Studios zu besuchen, schreckt uns sowohl die Größe, als auch die Vorstellung mit unserem behäbigen Toyopedi diesen Moloch zu erkunden, ab.
So fahren wir in einem großen Bogen um die Stadt und ersticken auch hier schon im Verkehr. Wir bewegen uns auf 14spurigen Autobahnen, passieren unvorstellbare Autobahnkreuze, in denen sich die Auf – und Abfahrtsrampen auf bis zu fünf Etagen überlagern, und trotzdem stockt an vielen Stellen der Verkehr, obwohl wir während des Tages unterwegs sind, also nicht zur „Rush hour“. Die linke Spur der Autobahnen ist für "Car Pools" (Fahrgemeinschaften) vorbehalten, d.h. Fahrzeuge, die mit mindestens 2 Personen besetzt sind. Und es wird viel schneller gefahren als wir es bislang in den USA erlebt haben, jeder scheint es eilig zu haben, und das wir permanent rechts überholt werden, ist hier normal und erlaubt. Unser Toyopedi ist ja nicht wirklich schnell und stellt auf den amerikanischen Highways und Interstates eher ein Verkehrshindernis dar. Trotzdem werden wir oft angehupt und man zeigt mit erhobenem Daumen die Sympathie für unser Reisemobil. Die ca. 200 Kilometer um die Stadt und ihre Randbezirke bringen wir mit höchster Konzentration hinter uns, eingehüllt in eine Glocke von Nebel und Smog, und trösten uns damit, dass wir ja vor über 20 Jahren die Highlights von Los Angeles gesehen haben.
Uns zieht‘s wieder in die Wüste und die Natur, somit ist das nächste Ziel der in der Mojavewüste liegende Joshua Tree Nationalpark, benannt nach den Joshua-Bäumen, der größten Yucca-Palmenart in den USA. Haben wir bislang nur einzelne dieser bis zu 300 Jahre alten, bizarren Bäume gesehen, fahren wir nunmehr durch einen Wald mit über 10 Meter hohen Yuccas.
Auf dem Rückweg zur Küste passieren wir den riesigen Salton Sea, der vor rd. 100 Jahren durch einen „Unfall“ entstand, nämlich einen Kanalbruch des zur Bewässerung genutzten Colorado im benachbarten Tal. Da das „Salton Basin“ unter dem Meeresspiegel liegt, ergossen sich die Wassermassen über ein Jahr lang in dieses Becken. Die lange Trockenheit, kein natürlicher Abfluss sowie intensive Landwirtschaft an den Ufern lassen den See schrumpfen und den Salzgehalt steigen, der bereits jetzt 40% über dem des Meeres liegt. Der See ist heute ein Vogelparadies, doch wie lange noch?
Den Sternenhimmel in der Wüste zu erleben ist in einer klaren Nacht etwas Besonderes - am Salton Sea erleben wir einen Sonnenuntergang, der unbeschreiblich ist...
San Diego
Eine tolle Lage in einer geschützten Bucht und frühlingshafte Temperaturen auch im Winter machen San Diego zu einem beliebten Ziel im südlichen Kalifornien. Im vornehmen Vorort La Jolla tummeln sich Seelöwen, Pelikane und Menschen im und am Wasser.
Nach dem Überfall auf Pearl Harbor wurde das Kommando über die US-Pazifikfotte nach San Diego verlegt und auch heute noch ist die Navy einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Stadt. Wir besichtigen den ausgemusterten Flugzeugträger Midway und erhalten von ehemaligen Marinesoldaten einen Einblick in Technik und Leben auf solch einem Koloß. Neben Zahlen und Fakten beeindruckt uns erneut das Engagement der Pensionäre, die nicht nur die Fragen der Besucher beantworten, sondern wie wir erfahren auch bei der Restaurierung mitwirkten und somit zum Erhalt des schwimmenden Museums beitragen.
Downtown San Diego wirkt aufgeräumt und fast ein bischen steril, doch Old Town, der historische Kern der Stadt, erinnert noch an die Geschichte, wenn auch Souvenirshops und mexikanische Restaurants in den historischen Gebäuden eingezogen sind.
Auf dem Weg nach Tucson im südlichen Arizona passieren wir in der kalifornischen Wüste die Imperial Sand Dunes, wo Filme wie "Star Wars" und "Mad Max" gedreht wurden.