9. Reisebericht: Namibia III
18. Februar - 29. März 2023
Zurück in Namibia. Nach der Kulinarik des südafrikanischen Weinlandes, von Picknick im Weingut bis Dinner beim Sternekoch, freuen wir uns jetzt wieder auf Wüste und Busch-Küche.
Wir wollen das Highlight des Südens, den Fish River Canyon, besuchen. Auf landschaftlich schöner Strecke folgen wir flußaufwärts dem Orange, von der Mündung in den Atlantik bis zu den Tafeltraubenplantagen bei Aussenkehr. Die Piste schlängelt sich entlang des Flusses und wir haben Glück, denn in der Regenzeit ist die schöne Strecke wegen Hochwasser des "Oranje" häufig gesperrt.
Mit ca. 160km Länge, bis zu 27km Breite und bis zu 550 Meter Tiefe gilt der Fish River Canyon als größter Canyon Afrikas und zweitgrößter der Welt, nach dem Grand Canyon. Die Hauptaussichtspunkte liegen auf der Ostseite und wir sind rechtzeitig am "Rim", um die für einen Canyon typischen stufenförmigen Terrassen, die v-förmig nach unten schmäler werden, in voller Sonne zu sehen.
Im urigen Canyon Roadhouse bleiben wir für zwei Tage und unsere Busch-Küche bleibt schon wieder kalt.
Wir machen einen Abstecher nach Keetmanshoop zu den Köcherbaumwäldern. Mit einem europäischen Wald nicht zu vergleichen, wachsen die sonst meist einzeln stehenden Bäume hier in kleinen Gruppen, malerisch auf Felsenhügeln.
Köcherbäume gehören zur Gruppe der Aloen und können bis zu 300 Jahre alt werden. Der Name leitet sich von Buschleuten ab, die die Äste aushöhlten um Köcher für ihre Pfeile herzustellen.
Entlang der Westseite des Fish River Canyon geht es durch malerische und einsame Gegend in Richtung Küste. Wir sehen weder auf der Fahrt noch an unserem nächtlichen "Buschcamp" ein anderes Auto.
Über 100km geradeaus durch die Wüste, die einzigen Zeichen der Zivilisation sind die neben der Straße verlaufende Strom- und Bahnlinie. Der Wind nimmt stetig zu und erreicht Sturmstärke - und dann sind wir in Lüderitz, einer kleinen verschlafenen Stadt in der Einöde, benannt nach dem deutschen Kaufmann Adolf Lüderitz, der das Gebiet im Umkreis der Bucht Ende des 19. Jhdts. von einem Nama-Häuptling kaufte.
Lüderitz erhielt eine deutsche Militärstation und mit der Entdeckung der ersten Diamanten in 1908 in der Wüste blühte der Ort auf. Heute wirkt das "deutsche Erbe" eher vergessen und viele der kolonialen Gebäude sind renovierungsbedürftig und nicht mehr genutzt.
Eine schöne Rundtour führt über eine Halbinsel entlang der Bucht und an die Atlantikküste.
Nach zwei Tagen im heftigen Wind reicht es mit Küste und wir machen uns auf den Rückweg ins Landesinnere. Zuvor stoppen wir in Kolmanskuppe, der legendären Geisterstadt in der Wüste, die mit Entdeckung der ersten Diamanten und dem einsetzenden großen Diamantenrausch als Hauptquartier der Bergbaugesellschaft im Sperrgebiet gebaut wurde.
Den bis zu 300 Bewohnern sollte es an nichts fehlen: das Material für die Häuser wurde aus Deutschland importiert, es gab elektrischen Strom, eine Eisfabrik die Stangeneis für die Kühlschränke produzierte, Theater, Kasino und Kegelbahn sowie eine kleine Bahn, die Bewohner und Waren entlang der Hauptstraßen fuhr. Auch das erste Röntgengerät Afrikas wurde im Krankenhaus in Kolmanskuppe aufgestellt, aber nicht nur um Knochenbrüche zu diagnostizieren, sondern vor allem um geschmuggelte Diamanten zu finden.
Faszinierend ist, dass die Diamanten in Namibia aus dem Wüstensand aufgesammelt wurden. Entstanden sind sie in Tiefengesteinen in Südafrika und Botswana, durch vulkanische Eruption an die Erdoberfläche gekommen, vom Oranje Fluß ins Meer gespült und durch die starken Winde wieder an Land getragen, wo sie dann "nur" noch gefunden und aufgelesen werden mussten.
Von 1908 bis 1914 wurden um Kolmanskuppe mehr als eine Tonne Diamanten aufgesammelt, danach wurde es stetig weniger und bereits 1938 wurde die Förderung eingestellt. Seitdem "verwüstet" der kleine Ort...
Angeblich eine der schönsten Straßen Namibias führt entlang der Tirasberge im Osten und den Dünen der Namib im Westen. Wir immer beeindruckt die unendliche Weite des Landes, ohne Zeichen menschlicher Zivilisation. Einzige Ausnahme: die Weidezäune. Kilometerlang führen sie enlang der Pisten, nur ab und zu unterbrochen durch ein Weidegitter oder ein Tor.
36 Hektar Weidefläche benötigt ein Rind in dieser trockenen und kargen Landschaft, erfahren wir von Frau Koch, deutschstämmige Farmerin auf der Tiras Farm.
Gästefarmen sind eine der typischen Übernachtungsmöglichkeiten in Namibia. Einige der Farmen leben heute fast ausschließlich vom Tourismus, andere sind nach wie vor aktive Farmen und haben sich mit den Gästezimmern ein zusätzliches Einkommen geschaffen. Viele der Farmen haben auf ihren riesigen Ländereien auch Campingbereiche eingerichtet, von einfachen Buschcamps bis zu voll ausgestatteten Plätzen mit privatem Bad, überdachter Terrasse und Grillplatz. Für unsere letzten Reisewoche(n) haben wir uns einige - hoffentlich - schöne Farmen ausgesucht.
In Windhoek bereiten wir uns auf die Heimreise vor. Für unseren Toyopedi haben wir einen sicheren Stellplatz in einer Halle organisiert, denn unser Reisemobil wird hier "übersommern". Beim Landcruiser Spezialisten Safari-Engineering wird unser seit 2 Monaten tropfender Warmwasserboiler innerhalb eines Tages repariert, obwohl sie das Gerät nie zuvor gesehen haben. Somit haben wir Zeit und genießen noch einige Tage die Restaurants in der Stadt bevor wir im Trans Kalahari Inn unseren Toyo vom Wüstensand und Staub der letzten Monate befreien.