8. Reisebericht: Königreich Jordanien

2. - 24. März 2020

Das vorletzte Land unserer Reise und das letzte arabische Land. Wieder ein Land mit großen Wüsten, aber auch dem fruchtbaren Jordantal. Über den werden wir nicht gehen, sondern später nach Israel fahren. So zumindest der Plan.
Jede Einreise in das nächste Land unserer Reise verläuft anders. Dieses Mal wird zuerst Fieber gemessen, danach wird uns ein freundliches "Welcome to Jordan" zugerufen und das eigentliche Einreiseprozedere beginnt.
Aqaba, das Tauchparadies am Roten Meer, ist unser erstes Ziel. Unsere Schnorchelausrüstung haben wir praktischerweise zu Hause gelassen, dafür treffen wir liebe Freunde, die zufällig eine Woche Urlaub im Süden Jordaniens machen, und uns mit Schmankerln aus der Heimat versorgen.

Wadi Rum

Ein erster Abstecher in die Wüste führt uns ins Wadi Rum, dem größten und eindrucksvollsten trockenen Flußtal Jordaniens. Obwohl ein Nationalpark, darf man mit einem privaten Allradfahrzeug in das geschützte Gebiet fahren. Und das ist eine echte Wüstentour, denn Straßen oder Wege gibt es nicht und wir folgen mehr oder weniger den vorhandenen Spuren.

Die Sandsteingebirge, die dem Tal und dem Sand einen rötlichen Schimmer verleihen, und der darunter liegende Granit sind durch das harsche Klima zu bizarren Formationen erodiert.

Wir übernachten in der Einsamkeit der Wüste und werden vom heftigen Wind geweckt. Ein Sandsturm ist hier nicht wirklich spaßig und wir entscheiden zurückzufahren, was nicht so einfach ist, denn Spuren sind nicht mehr zu erkennen und die Sicht ist durch den Sand kaum 20 Meter weit, so dass die Orientierung schwer fällt. Unser Toyo ist mit seinem "Übergewicht" für weichen Sand nicht wirklich gut geeignet, doch wir schaffen es ohne uns festzufahren.

Petra

Die Felsenstadt Petra ist eines der sieben neuen Weltwunder und UNESCO-Weltkulturerbe. Somit ein Muss für Jordanienreisende und auch wir machen uns auf den Weg. Zur Einstimmung besuchen wir "Little Petra" und spazieren fast alleine durch die enge Schlucht mit einigen Felsengräbern.

Der Weg zum Zentrum des antiken Petra führt spektakulär durch eine etwa einen Kilometer lange Schlucht und endet am sogenannten Schatzhaus, einem der beeindruckendsten Monumente der Stadt.

  • Eingang zur Schlucht
  • Schatzhaus

Vom Schatzhaus geht es durch die sich öffnende Schlucht in einen Talkessel, vorbei an prächtigen Fassaden, in die eigentliche antike Stadt. Petra war die Metropole des Königreichs der Nabatäer, die vor rd. 2.000 Jahren den Handel auf der arabischen Halbinsel kontrollierten.

Erst im Jahre 1812 wurde die Ruinenstadt wiederentdeckt und weitere 100 Jahre später begannen systematische Ausgrabungen.

Die monumentalen Baudenkmäler in einer grandiosen Gebirgslandschaft sind absolut beeindruckend und machen diese antike Königsstadt zu einem der Highlights unserer Reise. Passend übernachten wir "vor" einem schönen Beduinencamp und genießen den Abend.

Abbruch der Reise

Die Ausbreitung des Coronavirus veranlasst uns, die Weiterfahrt zum Toten Meer und in den Norden des Landes abzubrechen und nach Aqaba zurückzukehren. Israel hat Grenzschliessungen angekündigt und wir wollen schnellstmöglich über die Grenze, da wir für Anfang April eine Schiffspassage von Israel nach Italien gebucht haben. In Aqaba erreicht uns die Nachricht der Schifffahrtslinie, dass das Frachtschiff Israel nicht mehr anlaufen darf. Wir entscheiden in Jordanien zu bleiben, und uns von hier um Alternativen zu kümmern. Nach einigem Suchen buchen wir eine Schiffspassage für unseren Toyopedi von Aqaba nach Bremerhaven und für uns einen Flug von Aqaba nach Wien.
Bis zur Abfahrt des Schiffes haben wir noch 2 Wochen Zeit und brechen erneut auf. Am Toten Meer verbringen wir zwei ruhige Tage, doch genießen können wir die Zeit auch hier nicht mehr, denn die Nachrichten werden nicht besser. Jordanien ist zum Glück nur mit wenigen Coronafällen betroffen, doch das Land schottet sich zum Schutz ab. Touristen dürfen nicht mehr einreisen oder müssen in Quarantäne und die touristischen Enrichtungen werden geschlossen. Internationale Flüge werden für 2 Wochen ausgesetzt.

  • Totes Meer
  • Am tiefsten Punkt der Erde

Wir wollen uns in die Einsamkeit der Berge nördlich von Amman zurückziehen und bekommen einen ersten Eindruck des "grünen" Jordaniens. In der hübschen Stadt Madaba mit ihren berühmten Mosaiken ist bereits alles geschlossen, nicht einmal mehr das Besucherzentrum kann uns Auskunft geben.

  • Grabeskirche von Johannes dem Täufer

Unsere freiwillige Isolation geht nur einen Tag gut. In einem kleinen Tal klopft spät am Abend eine schwer bewaffnete Spezialeinheit der Polizei an unser Auto und versucht uns mit Händen und Füßen zu erklären, dass ab dem nächsten Morgen eine bedingte Ausganssperre gilt, die Fahrten zwischen den Regionen des Landes verbietet. Das heißt für uns: zurück nach Aqaba. Eine 5-stündige Nachtfahrt über teils schlechte Landstraßen und durch die Wüste, zum Glück nur mit mäßigem Sandsturm, liegt vor uns.
Während der Fahrt versuchen wir das Ausmaß der neuen Massnahmen zu verstehen: alle privaten und öffentlichen Einrichtungen werden, bis auf die lebensnotwendigen, geschlossen, die Menschen dürfen das Haus nur für wichtige Erledigungen verlassen, alle Geschäfte mit Ausnahme Lebensmittel und Apotheken werden geschlossen, Versammlungen mit mehr als 10 Personen sind verboten etc.
In Aqaba angekommen, fragen wir die Polizei ob die Strände noch geöffent sind. Die Antwort lautet wie erwartet nein. Wir fahren dennoch an die südlich der Stadt gelegenen Strände und haben Glück, denn wir werden dort - erst einmal - in Ruhe gelassen.

Nach zwei Tagen kommt dann die nächste Eskalationsstufe, denn die Regierung verhängt eine totale Ausgangssperre. Alles wird geschlossen, auch Supermärkte. Erst in 3-4 Tagen wird es einen Notfallplan für die Versorgung der Bevölkerung geben. Für uns bedeutet das Umziehen auf einen Hotelparkplatz und uns gemeinsam mit den Jordaniern in das Gedränge eines Supermarktes stürzen, um den Kühlschrank aufzufüllen.
Wie es weitergeht, wissen wir nicht. Ob das Schiff für unseren Toyo fährt, und wenn ja, ob wir trotz Ausgangsverbot in den Hafen dürfen, ist jetzt wieder völlig offen. Plan B ist, unser Reisemobil hier unterzustellen, dafür müssen wir mit dem Zoll eine Verlängerung des temporären Imports vereinbaren.
Wir sitzen am nächsten Tag diskutierend im Auto, als das Telefon klingelt: die deutsche Botschaft. Es wird einen Rückholflug nach Deutschland geben, Abholung ist am nächsten Morgen und wenn wir mitfliegen wollen, müssen wir uns jetzt entscheiden. Wir schauen uns an: ja, wir sind dabei.
Unsere am Vorabend gekauften Lebensmittel schenken wir dem Hotelier, der uns einen Stellplatz für unseren Toyo in seinem Hof anbietet. Im Schnellverfahren putzen wir die Kabine und packen das Notwendigste zusammen, denn wann der Flug gehen soll, steht noch nicht fest. Improvisation ist jetzt gefragt, denn geplant war eine Heimreise mit unserem Reisemobil, somit haben wir nicht einmal eine Reisetasche mitgenommen.
Am nächsten Morgen geht es mit Polizeibegleitung in die Hauptstadt, wir werden in einem schicken Hotel einquartiert, das wir natürlich nicht verlassen dürfen, das Restaurant ist auch geschlossen, aber der Zimmserservice funktioniert bestens. Die Vertreter der deutschen Botschaft erklären uns, dass um die 300 Personen ausgeflogen werden sollen und es unzähliger Genehmigungen bedarf, da sowohl der Luftraum als auch der Flughafen geschlossen sind. Darüberhinaus sind die Leute über die gesamte Stadt verteilt und es müssen Passierscheine beantragt werden, damit alle Personen zu den Sammelpunkten gehen dürfen, von wo aus es dann wieder mit Bussen und Polizeieskorte zum Flughafen geht.

  • Fahrt von Aqaba nach Amman
  • Polizeisperren an den Provinzgrenzen
  • Warten in angenehmer Atmosphäre
  • Sammelpunkt in Amman
  • Mitarbeiter der deutschen Botschaft

Das Warten ist kurz, schon am übernächsten Tag geht der Flug von Amman nach München. Gespenstisch leer sind die Flughäfen von Amman und München. Um nach Hause zu kommen haben wir ein Auto gemietet, denn Flüge gibt es nicht und die Zugverbindung über Nacht ist auch keine Alternative. Lt. aktuellen Einreiseregelungen dürfen wir nach wie vor von Deutschland nach Österreich einreisen, doch nervös sind wir trotzdem. An der Grenze werden wir auch genau befragt und kontrolliert, doch mit dem Nachweis unseres Wohnsitzes in Österreich ist die Einreise kein Problem. Ein lieber Freund holt uns an der Abgabestelle des Mietwagens ab und um Mitternacht sind wir in unserem Zuhause. Wir sind sehr erleichtert, denn wie wir inzwischen informiert wurden, wäre es nicht möglich gewesen in den Hafen zu fahren und unser Flug wurde auch gestrichen.

Rückblick

Eine tolle Reise geht früher als geplant zu Ende. Zwar hatten wir vorgehabt Anfang April von Israel aus per Schiff die Heimreise anzutreten, doch die letzen Wochen wären wir gerne noch durch Jordanien und dann weiter nach Israel gereist. Dennoch wir blicken auf eine hochinteressante Reise in eine uns bis dahin weitgehend unbekannte Region zurück.
Unsere Highlights?
Beginnen wir wieder mit den Landschaften: den einsamen Bergregionen in Georgien und Armenien, den endlosen Geröll- und Sandwüsten im Iran und auf der arabischen Halbinsel, den fruchtbaren Oasen mit riesigen Dattelpalmenplantagen und den beeindruckenden Bergen im Norden Omans mit wunderschönen Wadis, die uns immer wieder tolle Übernachtungsplätze boten. Und natürlich die endlosen Küsten im Oman und Saudi-Arabien mit einsamen Traumstränden.
Kulturmäßig sind wir in eine uns bis dato fremde Welt eingetaucht. Die orientalische Pracht iranischer Städte mit ihren Moscheen, Palästen und den riesigen Mausoleen hat uns sehr beeindruckt, ebenso die historische Lehmarchitektur in den ländlichen Gegenden und natürlich die Basare. In keinem anderen Land konnten wir so entspannt in das Basarleben eintauchen wie im Iran, denn die Händler sind noch nicht auf Touristen eingestellt und hatten viel Freude daran, uns ihre Waren zu zeigen, ohne jemals aufdringlich zu sein.
Die Emirate mit ihren Superlativen und, sobald man die Megastädte verläßt, schönen Wüstenlandschaften und entspannten Oasenstädten. Im Oman faszinierte die gelebte Mischung aus arabischer Tradition und Moderne, während im konservativen Saudi-Arabien Tradition und Religion das tägliche Leben bestimmen. Zu den ersten Touristen dieses riesigen Landes zu gehören, war eine Herausforderung, aber auch ein besonderes Erlebnis.
An der Spitze der "Highlights" der gesamten Reise stehen auch dieses Mal wieder die Menschen! Große Gastfreundschaft haben wir auch auf den früheren Reisen erlebt, aber die Willkommenskultur in den muslimischen Ländern dieser Reise war unbeschreiblich. Im Iran war die Willkommensfreude fast schon erdrückend, in den Emiraten, dem Oman und Jordanien ging es für uns etwas entspannter zu und wir wurden überall sehr herzlich und zuvorkommend aufgenommen. In Saudi-Arabien empfanden wir die Gastfreundschaft etwas differenzierter, aber dafür teilweise sehr nachdrücklich und wir erhielten viele Einladungen. Unsere anfängliche leichte Skepsis, ob wir uns in religiös geprägten Ländern wohlfühlen, wurde durch die unglaubliche Gastfreundschaft der Menschen völlig zerstreut.

Wie geht es weiter? Nun, unseren Toyopedi mussten wir in Jordanien zurücklassen und werden unser Reisemobil hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft nach Hause holen können. Dann wollen wir diese Reise beenden und nach einer Tour durch den Norden Jordaniens weiter nach Israel reisen und von dort die Schiffsreise nach Europa antreten.
Wir werden von dem Ende dieser Reise berichten!

Nachtrag

Im Herbst 2020 haben wir schweren Herzens die Entscheidung getroffen unseren Toyopedi nach Hause zu holen. Die Entwicklung der Pandemie sowie die nicht sehr positiven Erwartungen für den Winter haben unsere Hoffnung, noch vor Jahresende wieder nach Jordanien reisen zu können, zunichte gemacht. Somit haben wir eine Agentur mit der Rückverschiffung beauftragt und im Oktober unser leider beschädigtes Reisemobil in Bremerhaven abgeholt. Es ging daher nicht nach Hause sondern direkt zu unserem Kabinenbauer zwecks Kostenvoranschlag für die Versicherung (zum Glück hatten wir dieses Mal eine Transportversicherung abgeschlossen) und Reparatur des Schadens am Dach. Anstehende Servicearbeiten wurden auch mit erledigt und unser Reisemobil wartet seitden auf die Abholung, denn pandemiebedingt besteht seit Jahresanfang in Deutschland, für uns aus Österreich anreisend, Quarantänepflicht.