5. Reisebericht: Sultanat Oman
21. Dezember 2019 - 3. Februar 2020
Wird uns Scheherezade die Geschichten aus 1001 Nacht erzählen? Werden wir in der Heimat von Sindbad dem Seefahrer Aladin's Wunderlampe finden?
Wird uns der Orient weiter verzaubern? Wir sind gespannt auf das südarabische Land Oman...
Für uns beginnt die Einreise in den Norden des Oman erst einmal mit Passkontrolle, Zollformalitäten, dem Abschluß einer Versicherung für den Toyopdi und natürlich dem Kauf einer lokalen SIM-Karte.
Die Nordspitze des Oman, die Exklave Musandam, ist durch die Vereinigten Arabische Emirate vom Rest Omans getrennt. Die Halbinsel ragt weit in die Straße von Hormuz, der bedeutendsten Tankerroute der Welt, hinein. Für die Schifffahrt ist die Meerenge ein neuralgischer Punkt, für den Handel ein Flaschenhals und für die Schmuggler ein Dorado.
Fjordähnliche Buchten und steil aufragende Bergmassive prägen die kleine Landspitze und wir machen es uns an einer schönen Bucht für einige Tage gemütlich.
Im kleinen Örtchen Khasab erkunden wir die Möglichkeit mit einer Fähre, in diesem Fall ein kraftvoller Katamaran mit 10.000 KW, direkt in den „eigentlichen“ Oman zu fahren, ohne wieder über die V.A.E. aus- und einreisen zu müssen. Für den 24. Dezember bekommen wir einen Platz.
Wie am Flughafen wird Bordkarte mit Reisepass verglichen und festgestellt, dass Heike´s Daten nicht im Computer sind. Außerdem sind die Polizisten sehr erstaunt, dass unser 10 Tage-Visum vom 20. Dezember bis zum 16. Januar läuft. Kein Problem wird uns versichert, Heike wird nach mehreren Telefonaten eingetragen, und wir genießen den „Ritt“ mit dem Powerboot. Auf Nachfrage dürfen wir auch auf die Brücke, die uns an Raumschiff Enterprise erinnert. Der bulgarische Kapitän steuert den Katamaran mit dem Joystick souverän durch die in der Straße von Hormuz wartenden Öltanker.
Am nächsten Morgen fahren wir in das 80 Kilometer entfernte Sohar, denn wir wollen ein 30 Tage-Visum beantragen. Freundlich wird uns bei der Polizei erklärt, dass man hier zwar ein vorhandenes Visum verlängern, d.h. für uns nochmals 10 Tage, aber kein neues 30 Tage-Visum ausstellen kann. Das ist nur an den Grenzen möglich und wir müssen dafür in die 100 Kilometer entfernte Grenzstadt Hatta fahren. Außerdem sei unser jetziges Visum nicht bis zum 16. Januar gültig, wie es in unseren Pässen steht, sondern nur bis zum 29. Dezember. Es war bei der Überprüfung von Heike´s Daten im Computer geändert worden, aber nicht in unseren Pässen. Gut, dass wir gefragt haben! Also, auf nach Hatta! Am Einreiseschalter des Oman wird uns freundlich erklärt, dass wir erst ausreisen müssen, bevor wir ein neues 30 Tage-Visum bekommen können. Unsere Pässe werden umgehend ausgestempelt und wir sind aus dem Oman ausgereist. Doch vor einer erneuten Einreise müssen wir erst zu der sieben Kilometer entfernten Grenzstation der Vereinigten Arabischen Emirate fahren, dort einreisen, sofort wieder ausreisen und in den Oman erneut einreisen. Zusätzlich zu den Passkontrollen kommt natürlich jedes Mal die Zollabwicklung für unseren Toyo dazu. Nach gut drei Stunden haben wir alles geschafft und bekommen problemlos ein neues 30 Tage-Visum. Am Abend sind wir wieder zurück in Sohar - so kann man auch den 1. Weihnachtstag verbringen.
Am Morgen darauf können wir dann endlich aufbrechen, doch vorher kaufen wir noch auf dem Fischmarkt ein.
Hajar-Gebirge
Hinter der Küste verläuft die Hajar-Gebirgskette mit bis zu 3.000 Meter hohen Gipfeln. Schroffe und kahle Felswände, tiefe Schluchten, dazwischen Oasen mit Palmenhainen und die unzähligen Wadis, die meist trockenen Flussbetten, bestimmen die Landschaft.
Es gibt nur wenige Routen durch die Berge und wir erwischen die "Hardcore"-Offroad Piste. Was zunächst harmlos beginnt, entpuppt sich als üble und extrem steile Piste mit teilweise senkrecht abfallenen Felswänden.
Die Steigungen sind so extrem, dass wir befürchten, diese nicht einmal mehr mit unserem Untersetzungsgetriebe bewältigen zu können. Noch dazu ist die Piste so eng, dass meist kein Gegenverkehr Platz hat. Die spektakuläre Landschaft genießen wir leider nicht mehr, auch Fotostopps gibt es keine. Nach über vier Stunden haben wir die ca. 30 Kilometer geschafft und sind uns einig, dass dies die schlimmste Piste war, die wir bislang gefahren sind. Nicht einmal die bis auf fast 5.000 Meter gehenden Andenpässe haben uns und den Toyo so gefordert wie diese Strecke.
Zu Füßen des mit 3.018 Metern höchsten Berges des Oman legen wir erst einmal eine Pause ein. Wir werden im benachbarten Dorf zum Kaffee eingeladen und unser netter Gastgeber versichert uns, dass die Fahrt auf den "Jebel Shams" zwar auch steil sei, aber dies auf gut ausgebauter Straße.
Die Region südlich des Gebirges gilt als das ursprüngliche, traditionelle Oman.
Wir besuchen zunächst die Oase Bahla mit der größten Lehmfestung des Landes, die über 20 Jahre lang restauriert wurde.
Nur wenige Kilometer südlich liegt die Festung Jabrin. Von außen eine klassische Festung mit Mauer und Wachturm, ist das große Gebäude von innen ein Palast mit toll dekorierten Räumen, verzierten Decken, Balkonen und unzähligen Treppenaufgängen.
Nizwa
Wir kommen nach Nizwa, der alten Hauptstadt und heute noch religiösem Zentrum des Landes. Eine mächtige Festung und der im traditionellen Stil moderniserte Basar laden zum Bummeln ein.
Jebel Akhdar bedeutet "grüner Berg" - so nenen die Omani die schroffen, kargen Berge hinter Nizwa. Wir fahren auf das 2.300 Meter hohe Sayq Plateau, das ein beliebtes Ausflugsziel ist um der Sommerhitze zu entfliehen. Die Auffahrt ist nur mit Allradfahrzeugen gestattet und entsprechend steil geht es bergan, aber auf gut ausgebauter Straße.
Freitags ist Markttag in Nizwa und wir wollen zum Viehmarkt, auf dem die Beduinen aus den umliegenden Dörfern ihre Ziegen, Schafe und Kälber zum Verkauf anbieten. Um 6 Uhr morgens geht es los...
Porträts vom Markt
und weitere Impressionen
Muscat
Wir nähern uns der "Capital Area", der Region um die Hauptstadt Muscat, die sich über eine Länge von ca. 50km am Meer entlang erstreckt. Rund 1 Million der 4,5 Mio. Omanis lebt in der Hauptstadtregion, der Rest verteilt sich auf das restliche Land, das etwas kleiner als Deutschland ist.
Bevor wir uns in den Trubel der Stadt stürzen, legen wir einige Strandtage ein.
Über breite Stadtautobahnen mit toll gepflegten, parkähnlichen Randstreifen und entlang großzügiger Boulevards mit mediteraner Bepflanzung und schicken weißen Villen geht es dann in die Stadt und wir sind erstaunt, wie entspannt es in der Metropole des Landes zugeht. Unser erster Stopp gilt der Sultan Qaboos Moschee, der größten Moschee des Landes.
Die ehemalige Altstadt musste dem Sultanspalast weichen, den der fast 50 Jahre regierende und gerade verstorbene Sultan Qaboos errichten ließ. Von Altstadt ist auch sonst nicht viel mehr zu sehen, denn um den Palast herum liegen repräsentative Regierungsgebäude und das Viertel wirkt wie ausgestorben.
Durch Zufall lernen wir Michael, den Serviceleiter LKW von Mercedes, kennen und nutzen die Gelegenheit für einen Service des Toyo. Mit einem Bummel entlang der Promenade im Hafenviertel Mutrah und einem Einkauf auf dem Fischmarkt beenden wir unseren Aufenthalt in der Hauptstadt.
Küstenstraße in den Süden
Über 1.000km ist die Strecke entlang der Küste von Muscat bis Salalah, der südlichsten Stadt des Oman. Wir lassen uns Zeit und biegen von der Küstenstraße in einige der aus den Bergen an die Küste mündenden Wadis.
Ca. 300km südöstlich von Muscat liegt das Städtchen Sur und wir laden vorsichtshalber nochmals Proviant ein, denn ab hier gibt es bis auf wenige kleine Orte nicht mehr viel und hinter der Küste erstrecken sich unendliche Wüsten.
Der Wind an der Küste nimmt fast Orkanstärke an und wir flüchten ins Hinterland in einen schönen Wadi. Statt Wind regnet es in den Bergen.
Der Wettereinbruch hat wohl die gesamte arabische Halbinsel erwischt und zurück an der Küste erleben wir, wie der extreme Wind die Straße in eine Off-road Piste verwandelt.
Endlos erscheinende Kies- und Sandwüsten, ab und zu eine kleine Siedlung von Fischern und Ziegenhirten, und kilometerlange einsame Strände.
Je weiter südlich wir kommen, wird die Landschaft wieder abwechslungsreich.
Der letzte Abschnitt der Strecke kann mit dem Highway No.1 in den USA und anderen traumhaften Küstenpanoramastraßen der Welt mithalten.
Der Wind ist nicht mehr so heftig und wir suchen uns schöne Plätze entlang der Küste.
Das Wahrzeichen der südlichen Region des Oman ist ein knorriger, kleiner Baum aus dem Weihrauchharz gewonnen wird. Das flüssige Gold bescherte der Region Wohlstand und Ansehen und auch wenn der materielle Wert des Weihrauches inzwischen stark gefallen ist, schätzen die Omani das Duftharz nach wie vor und parfümieren ihre Häuser und Kleidung entsprechend. Wir empfinden den Duft eher als unangenehm.
An einer heute versandeten Lagune lag der einst größte Hafen für den Weihrauchexport, die Ruinen der schon im 2. Jahrhundert gegründeten Siedlung Sumhuram und die Überreste des Palastes der Königin von Saba sind zu besichtigen.
Salalah
Kokospalmenhaine, Bananenplantagen, Mango- und Papayabäume - dank des Sommermonsums gedeiht dies alles prächtig in Salalah. Die Stadt gilt als traditionelle Sommerfrische der Omanis und macht auf uns einen sehr gepflegten Eindruck. In vielen Ländern, die wir bereist haben, sind die Einfallstraßen in die Städte eher häßlich oder heruntergekommen, nicht so im Oman: breite, palmengesäumte Straßen mit toll dekorierten Verkehrskreiseln führen ins Zentrum.
Unsere Reise ist am "Wendepunkt", denn wir haben die südlichste Ecke des Oman erreicht. Eine Weiterreise in den Jemen ist derzeit nicht möglich und wir haben uns entschieden, über Saudi-Arabien, Jordanien und Israel zurückzureisen. Die Fahrt bis kurz vor die Grenze führt abwechslungsreich durch die Berge und wieder an die Küste zurück, wo wir am Rande eines kleinen Ortes, dessen Bewohner offensichtlich von der Kamelzucht leben, übernachten.
Bevor es wieder Richtung Norden entlang der Rub Al Khali-Wüste zurück in die Emirate geht, machen wir erst einmal "Urlaub" von der Reise an einem schönen Strand südlich von Salalah, den wir uns mit badenden Kamelen teilen.
Leider vertreibt uns heftiger Wind, der sich zu einem Sandsturm entwickelt, nach einem Tag schon wieder vom Strand. In Salalah windet es auch kräftig und statt Sandsturm wütet hier ein Staubsturm. Wir "verstecken" uns im Windschatten des ehemaligen Flughafenterminals auf dem Parkplatz, denn es macht keinen Sinn, unsere Rückfahrt durch die Wüste zu starten.
Nach drei Tagen ist der Sturm vorbei und wir starten die über 1.100km lange Tour zurück in den Norden des Landes. Einen Abstecher in das sagenumwobene Ubar legen wir noch ein. Die versunkene Stadt in der Wüste, die bereits in der Bibel und im Koran als Weihrauchhandelsstätte erwähnt wird, wurde erst in den 1990er Jahren mit Hilfe von Infrarotbildern entdeckt. Danach geht es durch endlose Wüstenebenen Richtung Grenze der Vereinigten Arabischen Emirate.
Vom Staat errichtete moderne Siedlung für die Beduinen - gewohnt wird wohl nach wie vor im Zelt.
Wahibah Sands
Es ist wieder weitgehend windstill und wir beschließen, noch einen weitern Abstecher in die 10.000 qkm große Wüste Wahibah Sands mit ihren beeindruckenden Dünenbergen zu machen, denn der Einstieg von der Küste war für uns im Januar "vom Winde verweht".
Einen weiteren Stopp legen wir im Wadi Dam ein, denn auf einem Bergrücken oberhalb des trockenen Flußbettes liegt völlig unbeachtet ein UNESCO Weltkulturerbe: Bienenkorbgräber, so genannt wegen ihrer Hügelform, enstanden ca. um 3.500 vor Christus. In toller Lage vor dem Massiv des Jebel Misht sind rund ein Dutzend dieser Grabbauten in unterschiedlichen Stadien des Verfalls erhalten.
Ibri, unsere letzte größere Stadt im Oman! Wir wollen den Kühlschrank auffüllen, suchen zwei Wäschereien, denn nicht nur 10kg Wäsche müssen gewaschen werden, auch unser Toyopedi benötigt nach Wüsten, Wind und Salzwasser dringend eine Wäsche und kaufen bei Toyota Ersatzteile ein.
Ein Spaziergang durch das Städtchen mit schön restaurierter Festung und verfallenen Lehmhäusern in der alten Oase gehört auch zum Programm.
Unser Übernachtungsplatz liegt mitten in der Stadt in der Nähe der Festung. Es ist schön ruhig in der Nacht, doch früh am Morgen werden wir geweckt - von schreienden Männern und blökenden Ziegen. Was ist hier los? Wir schauen aus dem Fenster und stellen fest, dass Markttag ist und der Tiermarkt gleich nebenan. Gerade werden die Ziegen versteigert. Nichts wie hin! Auch wenn wir das Spektakel schon gesehen haben, ist es immer wieder interessant und hier sind wir noch dazu die einzigen Touristen und bekommen von netten Omanis den Ablauf erklärt.
Resume Oman
Obwohl Sultan Qaboos das Land in seiner fast 50jährigen Amtszeit modernisiert hat ist der Oman noch immer traditionell und ursprünglich. Diese Mischung aus Tradition und Moderne ist im arabischen Raum wohl einzigartig, denn die jahrhundertealte arabische Kultur wird hier offen und tolerant gelebt.
Moderne Shopping Malls und alte Basare, traditionelle Landwirtschaft in den Oasen und moderne Industrie, abenteuerliche Off road-Strecken im Gebirge oder in den Wüsten und modernste Autobahnen, all das trifft hier zusammen.
Kulturelle Sehenswürdigkeiten, die bis in das dritte Jahrtausend v. Chr. zurückgehen, Traumstrände, die mit der Karibik konkurrieren können, beeindruckende Gebirge und die endlosen Weiten der Wüsten.
Und die Gastfreundschaft: eine fröhliche Begrüßung, ein freundliches Willkommen, eine Einladung zum Tee oder Kaffee, ein kleines Geschenk - am liebsten Datteln - und das Angebot, jederzeit Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Die Omanis wollen, dass man sich im Land wohlfühlt.
Und wir haben uns wohl gefühlt im Oman und sind begeistert von diesem schönen und wunderbar entspannt zu bereisenden Land. Der Oman ist defintiv eine Reise wert.