4. Reisebericht: Von Inkas und Meerschweinchen

25. Oktober - 21. November 2014

Unsere groesste Sorge beim Grenzuebertritt nach Peru ist, dass wir uns jetzt von Meerschweinchen ernaehren muessen. Genannt Cuy kommen sie in der Andenregion bis zu einer Hoehe von 4.200 Metern vor und werden in Peru seit etwa 5.000 Jahren gezuechtet. Sie dienen, wie schon zur Zeit der Inkas, auch heute noch der Landbevoelkerung als lebender Fleischvorrat und werden im hinteren Teil der Kueche gehalten. Sie sind Hauptquelle tierischen Proteins und jaehrlich landen ca. 50 Millionen in der Bratpfanne. Wir lernen jedoch schnell, dass die peruanische Kueche aus vielmehr als Meerschweinchen besteht und sind uns sicher, dass wir in den naechsten Wochen von dem peruanischen Essen begeistert sein werden – auch ohne Meerschweinchen.

Am Titicacasee fahren wir weiter nordwaerts und besuchen nahe Puno die schwimmenden Schilfinseln der Uro. Das Volk der Uro konnte niemals von den Inkas unterworfen werden, denn sie haben sich immer auf ihre schwimmenden Inseln zurueckziehen koennen. Der Boden bewegt sich unter den Fuessen wenn man ueber die Inseln laeuft und wir lernen, dass alle sechs Monate neues Schilf aufgetragen werden muss, damit die Inseln nicht sinken, die Ruempfe der Boote halten ca. 1 Jahr.

Unsere Bootstour fuehrt weiter zur Insel Taquile und wir sehen zum ersten Mal schon von den Inkas angelegte Terassen, die auch heute noch von der dort lebenden Bevoelkerung landwirtschaftlich genutzt werden. Wie bei den Uros, ist man auch hier auf “sanften” Tourismus eingestellt, doch auf Taquile fliessen die Einnahmen in die Gemeindekasse und werden fuer die Bewohner verwendet, um z.B. eine Wasserversorgung aufzubauen, was auch stolz praesentiert wird.

Colca Canyon

Unser Abstecher zum Colca Canyon fuehrt uns ueber 4.900 Meter hohe Paesse durch schoene Berglandschaften mit Vulkanen. Der Canyon selbst ist noch gewaltiger als der Grand Canyon in den USA, was sich aber dadurch ergibt, dass die Tiefe von den umliegenden Bergspitzen gemessen wird, waehrend der Grand Canyon ein Einschnitt in einer Hochebene ist. Ueber 6.000 ha Terrassenanlagen sind in die steilen Berghaenge, teilweise schon von den Inkas, gebaut worden und werden landwirtschaftlich genutzt. Wir uebernachten alleine und in voelliger Stille am Parkplatz des Aussichtspunktes "Cruz del Condor". Hier sollen ab Sonnenaufgang Kondore die Thermik der warmen Morgensonne nutzen und aus ihren in die Felsen gebauten Nestern aufsteigen. Um 5:30 Uhr stehen wir am Canyon und warten und warten…, als dann gegen 9:15 Uhr ein einzelner Kondor in die Luft steigt wird er von den inzwischen mit Kleinbussen angekommenen ca. 200 Touristen mit riesigem Applaus empfangen. Er bleibt auch der Einzige an diesem Morgen und mit der Erkenntnis, dass wir nicht in einem Zoo sind, verlassen wir etwas enttaeuscht den Beobachtungspunkt.

Arequipa

Wir legen eine Stop in Arequipa ein, die als schoenste Stadt Perus gilt. Auch die meisten Revolutionen des Landes gingen von dieser, inzwischen unter UNESCO-Weltkulturerbe stehenden, Stadt aus. Wir koennen unser Auto im Innenhof eines historischen Hostels nahe des alten Stadtzentrums parken, was fuer eine Stadt dieser Groessenordung, wo "Camping"-Stellplaetze eher Mangelware sind, absolut toll ist. Wir bummeln durch die Altstadt und besuchen das unglaubliche Kloster Santa Catalina, das ein ganzes Stadtviertel einnimmt, und in dem die Nonnen fast 400 Jahre ein vor der Oeffentlichkeit verborgenes Leben fuehrten, bis 1970 das Kloster geoeffnet wurde. Es scheint, als ist in dieser ueber 20.000 qm grossen Anlage, die noch von wenigen Nonnen bewohnt wird, die Zeit stehen geblieben.

In der Pampa von Nazca

Von Arequipa fahren wir Richtung Kueste und dann noerdlich nach Nazca. Wir wollen die beruehmten Nazca-Linien, die "Geoglyphen", ansehen und zwar aus der Luft, denn die Figuren sind zwischen 25 und 200 Metern lang und vom Boden nicht zu erkennen. Die Linien von Nazca wurden erstmals 1550 erwaehnt und die kilometerlangen Linien und geometrischen Figuren in der Wueste wurden zunaechst als Wasserleitungen und -kanaele oder Inkastrassen gedeutet. Mitte des vergangenen Jahrhunderts begann Dr. Maria Reiche aus Dresden die Bodenritzungen zu erforschen und war im Laufe der Jahre ueberzeugt, dass sie astronomisches Geheimwissen bergen. Sie fand heraus, dass mindestens drei Linien kalendarisch genutzt werden koennen, zur Bestimmung wiederkehrender Tage von Sonnenstaenden und Mondaufgaengen. Zweifelsfrei sind etliche Linien so ausgerichtet, dass sie mit Sonnenwenden oder mit dem Lauf der Gestirne in Verbindung gebracht werden koennen. Die Tierfiguren koennen z.B. Sternbilder darstellen. Eine eindeutige Erklaerung haben die Linien und Figuren jedoch bis heute nicht erfahren.
Kurz vor Nazca besuchen wir noch den "Cementerio de Chauchilla", ein Graeberfeld aus der Prae-Inkazeit mit unzaehligen Mumiengraebern. 12 von Archaeologen freigelegte und ueberdachte Grabkammern koennen besichtigt werden.

Machu Picchu

Durch schroffe Bergwelten, immer auf einer Hoehe von 2.000 bis 4.500 Metern, folgen wir den Spuren der Inkas. Es geht permanent bergauf und bergab und es ist schade, dass unser Hoehenmesser nicht die zurueckgelegten Hoehenkilometer anzeigt. Wir entfernen uns von einer Stadt ca. zwei Kilometer Luftlinie, haben aber bereits ca. 25 Kilometer zurueckgelegt, da sich die Strasse in Serpentinen steil die Felsen hochschraubt. Die Spuren der Inkas sind ueberall in den Terassenanlagen, die auch heute noch genutzt werden, zu erkennen.
Unser Ziel: Machu Picchu! Wir fahren nach Ollanta im Urubamba-Tal, von dort geht es mit dem Zug ca. 1,5 Stunden durch das immer enger werdende Tal nach Aguas Calientes und weiter mit kleinen Bussen eine enge Schotterpiste hoch auf den "Machu Picchu". Die Peruaner lassen sich den Besuch dieser Attraktion gut bezahlen, uns kostet der Besuch insgesamt USD 378,- (Zug- und Busfahrt sowie Eintritt).

Das "schoenste und raetselhafteste Zeugnis der Inkazeit" liegt auf einem steilen Felsen, ca. 400m ueber dem Rio Urubamba, und ist nur von einer Seite ueberhaupt erreichbar. Somit wurde in der Stadt eindeutig etwas geschuetzt und Archaeologen und Wissenschaftler streiten bis heute: war es eine Sommerresidenz der Inkaherrscher, eine Fluchtburg oder eine Festung zum Schutz des Tals.

Wiederentdeckt wurde Machu Picchu vor gut 100 Jahren von einem Expeditionsteam der Yale-Universitaet, das von Einheimischen auf Ruinen auf dem Gipfel des "Alten Berges" (=Machu Picchu) aufmerksam gemacht wurde. Der Bericht des Expeditionsleiters sorgte weltweit fuer Aufsehen und in Peru fuer Empoerung, denn er habe sich ungerechtfertigt als Entdecker Machu Picchus ausgegeben, wo doch die Existenz der alten Inkastadt der indigenen Bevoelkerung seit Jahrhunderten bekannt sei. Der restlichen Welt blieb die vom Dschungel ueberwucherte "vergessene Stadt" jedoch verborgen und dem Expeditionsteam wird heute die wissenschaftliche Entdeckung Machu Picchus zugeschrieben. Peru hat inzwischen das Gebiet unter Naturschutz gestellt und duerfte sich ueber die Einnahmen aus den Besucherstroemen sehr freuen.

Uns beeindruckt neben der festungsartigen Anlage mit ihren unglaublichen Terrassen vor allem die Lage: auf einem steilen und schroffen Felsen eine autarke Stadt zu errichten und dabei tonnenschwere Granitbloecke zu bewegen erscheint unmoeglich und doch stehen wir inmitten dieses faszinierenden Ortes, der fuer die Inka von grosser Bedeutung gewesen sein muss.

Cusco: die Hauptstadt des Inkareiches

Cusco gilt aufgrund ihrer historischen Bedeutung als interessanteste Stadt Suedamerikas. Einst das Zentrum des Inka-Imperiums war Cusco mindestens so wichtig und vermutlich auch reicher als das alte Rom. Die Inka-Palaeste waren mit Gold verkleidet und die goldhungrigen Spanier eroberten die Stadt in 1533 kampflos. Alles Gold und Silber wurde eingeschmolzen und die Palaeste zerstoert, doch die massiven Mauern hielten Stand und so sind viele Kolonialgebaeude und Kirchen auf den alten Grundmauern aus der Inkazeit errichtet. Viele koloniale Bauten wurden inzwischen durch Erdbeben wieder zerstoert, die erdbebensicheren Grundmauern der Inkabauten blieben erhalten.

Wir besuchen die Festungsanlagen Ollantaytambo und Saqsaywaman. Waehrend von Ollantaytambo der Zugang zum Heiligen Tal gesichert werden sollte, war Saqsaywaman zum Schutz der Hauptstadt errichtet worden. In Ollantaytambo beeindrucken wieder die angelegten Terrassen, in Saqsaywaman dagegen drei uebereinander gebaute Mauerwaelle, die aus riesigen Steinquadern bestehen.

Im zentralen Bergland

Bummelt man vertraeumt mit 130 km/h ueber oesterreichische Autobahnen kann es schon einmal passieren, dass man einen Meter zu weit nach rechts oder links faehrt. Auf unserer Fahrt durch die Berge in den Norden Perus waere dies auf vielen Strecken absolut toedlich und nicht nur der eine Meter, manchmal reichen einige Zentimeter. Es gibt auf den einspurigen Pisten keine Leitplanken oder Zaeune, dafuer aber Gegenverkehr und peruanische Autofahrer, die sich hupend an den Ausweichstellen vorbei zwaengen. Wir haben unseren Toyopedi schon oft an Abgruenden vorbeigeschaukelt, doch Peru setzt noch einen drauf. Wieder bewegen wir uns zwischen 2.000 und fast 5.000 Hoehenmetern und haben oft das Gefuehl, dass es nur Zentimeter neben uns 1.000 Meter nach unten geht. Aber wir fahren durch eine grandiose Landschaft und es ist, trotz oder gerade wegen des Nervenkitzels, ein grossartiges Erlebnis.

Wir beobachten mit Hilfe unseres Hoehenmessers, dass die peruanischen Bauern auf 4.000 Metern Hoehe noch Kartoffeln anbauen - fuer uns unglaublich, wenn man an die Alpen denkt. Ueber 4.000 Meter Hoehe ist Weideland fuer Lamas, Alpakas und Schafe. Zitrusfruechte gedeihen wie wir sehen koennen noch bei 3.000 Metern und auf 3.500 Metern wachsen noch Kakteen. Wenn man aus ueber 4.000 Metern wieder nach unten faehrt, hat man ab 3.000 Metern das Gefuehl, in die Tropen zu fahren und in den Eukalyptusbaeumen fehlen nur noch die Koalas.

Leider wird die Bergetappe sehr oft von Baustellen unterbrochen, da an der Asphaltierung der Piste gearbeitet wird. Die Strecke ist dann einfach fuer mehrere Stunden gesperrt und auch wir mussten mehrmals geduldig warten. Die letzte Strassensperre erwischte uns an einem spaeten Nachmittag, wir wollten nur noch eine Passtrasse herunter fahren und uns einen Uebernachtungsplatz suchen, als wir uns in einer langen Schlange von LKWs, Bussen, Maxitaxis und PKWs wiederfanden, und erst um 18 Uhr sollte es weiter gehen. Um 18 Uhr wird es jedoch dunkel, und was uns dann erwartete, war der blanke Horror. Die Strasse wurde zu einer staubigen Schotterpiste, und nach der langen Wartezeit lieferten sich die Peruaner, teilweise bei unter 10 Metern Sicht, ein Rennen mit waghalsigen Ueberholmanoevern, natuerlich bei Gegenverkehr. Mehrmals wurden wir von Trucks mit riesigen Aufliegern und sogar von Ueberlandreisebussen mit unglaublichen Geschwindigkeiten bergab ueberholt, und wir fuhren die kaputte Schotterpiste schon so schnell, dass wir uns Sorgen um unser Auto machten. Das Positive war, dass man aufgrund der Dunkelheit und des Staubes die Abgruende nicht mehr sehen konnte.

Nationalpark Huascaran

Eingebettet zwischen zwei Andenkordilleren ist der Huascaran-Nationalpark ein Paradies fuer Bergwanderer. Leider verdecken Nebel und viele Wolken die um uns herum aufragenden 6tausender. Bei einem Ausflug zu den wunderschoen gelegenen Lagunas Llanganuco haben wir Glueck und die Sonne blinzelt durch die Wolken, so dass wir die schneebedeckten Gipfel erahnen koennen.

Durch den Canon del Pato, in der die beiden Gebirgsketten nur noch wenige Meter durch den reissenden Rio Santa getrennt sind, verlassen wir den Park. Die Fahrt durch die "Entenschlucht" ist spektakulaer, die Piste nutzt die ehemalige Eisenbahntrasse und windet sich durch 35 Tunnels, die in den Fels gesprengt wurden, talabwaerts.

An der Kueste angekommmen, geniessen wir die Sonne und die waermeren Temperaturen und freuen uns auf Ecuador und ein weiteres Highlight unserer Tour: Galapagos.

Abschied von Peru