8. Reisebericht: Carretera Austral
5.-16. Dezember 2013
Die Carretera Austral, eine der Traumstrassen der Welt im Sueden Chiles - teilweise auch Alptraumstrasse, was den Zustand betrifft.
Bei Chile Cico reisen wir nach Chile ein und fahren weiter Richtung Norden entlang des Lago General Carrera, der in Argentinien noch Lago Buenos Aires hiess. Der See ist riesig und wir fahren in Chile ca. 200 km an seinen Ufern entlang. Wirkliches Ufer gibt es aber selten, meistens sind es steile Felswaende, in die die einspurige Schotterstrasse gesprengt worden ist. Schlagloecher und Waschbrettpiste sowie die Dreiecksform der Strasse - Mitte hoch, rechts und links abfallend - lassen das Adrenalin bei Gegenverkehr steigen und den Toyopedi in abenteuerliche Schraeglagen geraten, alles natuerlich ohne Leitplanke. Wir fahren auf der "Seeseite" und haben an manchen Stellen das Gefuehl, dass man aus dem rechten Seitenfenster 200 Meter senkrecht in das tiefblaue Wasser unter uns schauen kann.
Wenn uns die Strasse nicht den Atem raubt, dann die Landschaft. Schroffe, zerklueftete Felswaende, schneebedeckte Berge, tuerkise Lagunen und der azurblaue See. Zum Glueck wird nach ca. 50 km die Strasse etwas besser und der Fahrer kann ab und zu auch die traumhafte Landschaft geniessen. Wir wollen zu dem kleinen Ort Puerto Tranquilo und von dort die "Marmor-Kathedrale" besichtigen. Hier haben die Wellen des Lago General Carrera in Tausenden von Jahren Hoehlen in die Marmorfelsen gewaschen und man kann diese bei wenig Wind mit dem Boot besuchen. Wir treffen zufaellig zwei nette Paare aus der Schweiz und Frankreich und teilen uns am naechsten Tag das Boot und somit auch die Kosten und erleben bei strahlendem Sonnenschein eine tolle Tour.
Uns fuehrt der Weg durch weiterhin wunderschoene Landschaft, eine kurze Etappe auf geteerter Strasse, dann wieder auf einer spektakulaeren Piste, nach wie vor umrahmt von schneebedeckten Bergen, durch unberuehrte Waelder und Wiesen mit wilden Lupinen, zum Nationalpark Queulat. Im Nationalpark wollen wir den haengenden Gletscher besuchen. Dazu ist eine dreistuendige Wanderung angesagt und wir koennen wieder an unserer Kondition arbeiten. Wir erleben erstmals den chilenischen Regenwald und der haengende Gletscher ist beeindruckend, zwei Wasserfaelle stuerzen ins Tal und manchmal auch Eisbrocken, die am Gletscher abbrechen.
Wir bleiben zwei Naechte am Lago Yelcho, nachdem wir 70 km Baustelle auf der Carretera Austral in einem Tag "geschafft" haben. Tiefe Loecher, teilweise einspurige Strasse und Wartezeiten wegen Felssprengungen stellen die Geduld auf eine harte Probe. Schritttempo ist angesagt! Der Lago Yelcho, eingerahmt von schnee- und gletscherbedeckten Bergen, entschaedigt uns mit tiefblauem Wasser, sonnigem Wetter und einer Lodge mit schoenem Campingplatz und Restaurant, das wir geniessen.
Weiter im Norden wird die Piste wieder besser und wir erreichen Chaiten, das 2008 durch einen Vulkanausbruch zerstoerte Staedtchen. Die chilenische Regierung wollte den Ort aufgeben und schnitt ihn von der Versorgung ab. Man hatte aber nicht mit dem Wiederaufbauwillen der Einwohner gerechnet und die Entscheidung wurde 2011 zurueckgenommen. Die Schaeden des Vulkanausbruchs sind noch deutlich zu sehen, doch der Ort entwickelt sich langsam wieder und wir koennen einkaufen, es gibt ein Hotel, Restaurants und eine Tankstelle. Auch die Polizeistation und die Feuerwehr sind wieder in Betrieb. Natuerlich unterstuetzen wir das, lagern erst einmal Vorraete ein und buchen die Faehre fuer unsere Weiterfahrt. Erst jetzt wird uns bewusst: was wir einige Kilometer vor Chaiten fuer schoenen weissen Sand am Flussufer gehalten haben ist in Wirklichkeit meterdicke Vulkanasche...
Chaiten liegt bereits im Naturpark Pumalin, einem der groessten privaten Naturschutzgebiete der Welt. Seit 1990 hat der amerikanische Multimillionaer Douglas Tompkins (Gruender von "The North Face" und "Esprit") auf ueber 270.000 ha Land einen privaten Naturschutzpark geschaffen mit dem Ziel, die Waelder zu schuetzen. Somit ist der groesste Teil des Gebiets nicht zugaenglich. Aber schon die Fahrt durch den offenen Teil des Parks, unsere Uebernachtungen und die kurzen Wanderungen, u.a. durch einen Alercen-Wald mit ueber 50m hohen und bis zu 3.500 Jahre alten Exemplaren, laessen die unglaubliche Vielfalt des Regenwaldes erahnen.
Unsere weitere Fahrt Richtung Norden muessen wir per Schiff fortsetzen, denn die "Traumstrasse der Wildnis" hat zwischen Caleta Gonzales und Hornopiren keine Landverbindung. Zwei Faehren ersetzen die fehlende Strasse, dazwischen sind 10km Schotterpiste im Konvoi zu bewaeltigen und das heisst, eingehuellt in eine dichte Staubwolke.
Die letzte Etappe der Carretera Austral endet wie sie begonnen hat: Waschbrettpiste, Schlagloecher, Baustellen und traumhafte Landschaft bei herrlichem Sonnenschein und inzwischen sommerlichen Temperaturen.