2. Reisebericht: Brasilien - Pantanal
20. September - 2. Oktober 2014
Dauerregen begleitet uns durch den Norden Paraguays, viele Gebiete sind ueberschwemmt. Die rote Erde, die ueber die Strassen gespuelt wird, faerbt unseren Toyopedi rot. Wir beschliessen aufgrund des Regens die Abkuerzung nach Brasilien, eine 85km Sandpiste, nicht zu nehmen und fahren einen 200 km weiten Umweg ueber Ponta Pora. Ein riesiges Einkaufszentrum entlang der Grenze ist hier das Highlight und der Verkehr dementsprechend dicht. Eine riesige brasilianische und eine paraguayanische Flagge wehen in einem Kreisverkehr, aber es gibt nicht wirklich eine Grenze: links der Strasse ist Brasilien, rechts Paraguay. Eine offene Grenze - toll, aber nicht fuer uns. Wir suchen bei Nebel und Regen die Grenzstationen fuer die Ausreise aus Paraguay und die Einreise nach Brasilien. Nach ca. einer Stunde haben wir die Ausreise in einem alten Gebaeude gefunden, ueberhaupt nicht ausgeschildert. Es scheint, dass ausreisende Europaeer hier eher selten sind. Einen Zoll gibt es auch, aber am Wochenende ist er geschlossen, somit kann unser Auto nicht aus Paraguay ausreisen. Nun ja, aus Bolivien ist es im Februar auch nicht ausgereist, also kuemmern wir uns um die brasilianische Einreise. Die soll bei der Policia Federal in der Stadt sein. Wir suchen und fragen wieder rd. eine Stunde und stellen fest, dass die Policia Federal erst wieder am Montag morgen um 09:00 Uhr geoeffnet hat - wir haben Samstag mittag! Dann reisen wir eben illegal durch Brasilien, hatten wir ja schon einmal vor zwei Wochen und da war uns auch keiner boese. In drei bis fuenf Tagen kommen wir nach Corumba, dort gibt es lt. unserem Reisefuehrer wieder eine Policia Federal und die koennen die Einreiseformalitaeten auch erledigen.
In Bonito haben wir den ersten Kontakt mit den Auslaeufern des Pantanal. Das Pantanal ist das groesste Ueberschwemmungsgebiet der Welt und hat etwa die Groesse der Schweiz, Oesterreichs und Bayern zusammen. In der Regenzeit wird das Gebiet bis zu 3 Meter hoch ueberschwemmt, da sowohl der Rio Paraguay als auch ueber 170 Fluesse aus den umliegenden Bergregionen ueber die Ufer treten. Ein Besuch mit dem Auto ist daher nur vor der Regenzeit bis Oktober moeglich. Wir fahren zunaechst in den Suedteil auf der Estrada do Parque und wollen anschliessend noch in den Nordteil auf die Transpantaneira. Schon der Tierreichtum des Suedteils begeistert uns, wir koennen unzaehlige Voegel, Kaimane, Nasenbaeren, Affen und andere Waldtiere beobachten. Die ueber 70 Holzbruecken entlang der Piste sind renoviert und in tadelosem Zustand, das soll nicht immer so gewesen sein. Auffallend ist, dass es sehr viel Wasser gibt, denn wir kommen an einigen Farmen vorbei, die schon jetzt, am Ende der Trockenzeit, voellig unter Wasser stehen. Einige Fischer erzaehlen uns spaeter in Corumba, dass in diesem Jahr das Wasser "einige Meter" hoeher steht, was fuer diese Zeit sehr ungewoehnlich ist. Wir wundern uns nicht, hatten wir doch bislang schon viele heftige Regenfaelle erlebt.
Die Policia Federal in Corumba ist empoert und ausserdem nicht zustaendig. Wir sollen sofort zur naechsten Grenzstation fahren und unsere Einreiseformalitaeten erledigen, denn wir haetten dies in Ponta Pora erledigen muessen und sind daher illegal im Land. Wenn die Grenze geschlossen ist, dann haetten wir eben warten muessen. Dass man die Einreiseformalitaeten bei geschlossener Grenzstation lt. unserem Reisefuehrer von 2013 bei der Policia Federal in Corumba erledigen kann, sei nicht richtig. Sie wollen uns regelrecht einschuechtern und weisen uns an, umgehend zur Grenze zu fahren und dort die Situation zu erklaeren. Wir haben jedoch Hunger und Durst und gehen erst einmal schoen essen, denn wir sind ziemlich kaputt von der langen Fahrt bei ca. 40 Grad schwueler Hitze. Sollten wir ein Problem bekommen, haben wir dies auch jetzt schon, daher werden wir morgen frueh die Einreise in Angriff nehmen. Am naechsten Morgen fahren wir auf brasilianischer Seite zum nahen Grenzuebergang Brasilien – Bolivien, parken unser Auto und erklaeren einem der Wachoffiziere, dass wir zur Einreise nach Brasilien wollen. Wir werden freundlich zum Schalter begleitet und nach einiger Wartezeit haben wir unseren Einreisestempel im Pass. “Bem vindo en Brasilia”, unser viertaegiger illegaler Aufenthalt ist beendet und wir haben ein 90 Tage-Visum. Dass wir nicht aus Bolivien kommen, sondern 600 km entfernt aus Paraguay eingereist sind, hat niemanden interessiert.
Um zum Nordteil zu kommen, muessen wir das Pantanal umfahren: ca. 1.400km, da es keine Strassenverbindung durch das Ueberschwemmungsgebiet gibt. Die Ausgangsstadt ist Cuiaba, bekannt durch die Fussball WM. Von einer anderen Website haben wir die Koordinaten eines Campingplatzes an einem schoenen Wasserfall, doch wir muessen feststellen, dass die Koordinaten nicht stimmen und der Campingplatz ca. 400 km weiter suedlich liegt. Schnell einen sicheren Uebernachtungsplatz in einer brasilianischen Grossstadt zu finden ist unmoeglich, zumal es um 18:00 Uhr stockdunkel ist. Wir beschliessen, rasch unsere Einkaeufe in einem grossen Supermarkt zu erledigen und wollen hinter Cuiaba die erste grosse Tankstelle anfahren, um zu uebernachten. Doch hinter Cuiaba gibt es Nichts und wir biegen auf die "Transpantaneira" ab. Die Nacht ist schwarz, die Strasse schlecht, Blitze leuchten am Himmel, und der tropische Wolkenbruch steht kurz bevor, denn es ist wieder bei ca. 40 Grad schwuelheiss. Wir erreichen einen kleinen Ort und biegen ab: furchteinfloesend, alles liegt in voelliger Dunkelheit, schemenhaft erkennen wir Menschen am Strassenrand und kleine Geschaefte. Die im Navi angezeigte Tankstelle ist nur noch eine Ruine. Wir entdecken ein Taxi und fragen, wo die Polizeistation ist, doch hier gibt es keine. Nach zwei Runden durch das dunkle Dorf kommt unser Vertrauen zurueck. Die meisten Menschen sitzen vor ihren Haeusern und “feiern” den Stromausfall. Also parken auch wir vor einem Haus und fragen, ob wir fuer die Nacht dort stehen bleiben koennen. Sofort werden wir von Carlos und Ana eingeladen uns zu ihnen zu setzen, Stuehle werden geholt, Nachbarn erscheinen und fragen, ob wir Hilfe brauchen, und aus einer chaotischen Suche nach einem Uebernachtungsplatz wird ein netter Abend bei Bier und Cachaca mit den Brasilianern auf dem Buergersteig. Natuerlich ist auch an diesem Abend das WM-Fussballspiel (Deutschland-Brasilien 7:1) irgendwann ein Thema und zum wiederholten Male wird sich bei uns fuer das schlechte Spiel der Brasilianer entschuldigt. Carlos meint 2:0 oder 3:0 waere ja noch gegangen, aber so eine Blamage… er lacht und lacht und haut mir freundschaftlich auf den Ruecken.
Am naechsten Morgen brechen wir wieder in die "Wildnis" auf und bekommen von Carlos und Ana noch einigen Proviant geschenkt. 50 km bis nach Pocone und weitere 140 km Sand- und Schlammpiste durch das Ueberschwemmungsgebiet. Ueber 120 Holzbruecken sind zu ueberwinden, diesmal nicht immer in gutem Zustand, bis wir im Sueden in Porto Jofre wieder den Rio Paraguay erreichen. Die Vogelwelt entlang der Strecke ist wieder beindruckend und wir entdecken viele fuer uns "neue" Arten. Auf einer Bootstour bekommen wir einen weiteren Eindruck des Wasserreichtums dieser Region, denn auch die Nebenfluesse des Rio Paraguay entsprechen locker der Donau oder dem Main, zumindest in ihrer Breite. Dementsprechend ist die Tierwelt: Kaimane, Wasserschweine, Riesenfischotter etc. Puma und Jaguar bekommen wir leider nicht zu sehen.