4. Reisebericht: Durch Nordpolen heimwärts
28. August - 12. September 2021
Das trübe und regnerische Wetter begleitet uns bei unserer Fahrt durch die schöne masurische Seenlandschaft und wir steuern direkt die Hauptstadt der Region Masuren, das hübsche Städtchen Allenstein an. Die kleine Altstadt mit Marktplatz lädt zu einem Spaziergang ein und Bernd freut sich wieder über leckeres polnisches Bier in einer Brauereiwirtschaft.
Auf unserem Weg an die Küste machen wir einen Abstecher zum Oberländischen Kanal, dem "Kanal Elblaski". Der Kanal verbindet die Oberländischen Seen bei Osterode mit dem Frischen Haff bei Danzig und überwindet dabei gut 100 Höhenmeter, aber nicht durch Schleusen. Die Schiffe überwinden auf Schienenwagen insgesamt fünf "Rollberge". Zur Zeit seiner Entstehung Mitte des 19. Jahrhunderts galt dies als Wunder der Technik. Heute verkehren nur noch Ausflugsboote auf dem Kanal und wir beobachten an einem der "Berge" das Manöver.
Auf den Spuren der Kreuzritter könnte man den nächsten Abschnitt unserer Tour bezeichnen, denn wir könnten uns unzählige Burgen auf unserem Weg nach Danzig anschauen. Wir entscheiden uns für die größte mittelalterliche Burg Europas und gleichzeitig das größte Backsteinbauwerk der Welt: Marienburg.
Auch diese Burg wurde vom Deutschen Orden errichtet und Anfang des 14. Jh. wurde sogar der Hauptsitz des Hochmeisters von Venedig nach Marienburg verlegt.
Danzig
Die berühmte Hansestadt Danzig - nicht erst seit den Werftarbeiterstreiks und der Solidarnosc-Bewegung in den 80er Jahren- eine bekannte Stadt. Auch der 2. Weltkrieg begann hier mit dem Beschuß der Westerplatte, einer Danzig vorgelagerten Halbinsel, am 1. September 1939.
Zwei große Campingplätze in einem Waldgebiet nahe des Industriehafens mit perfekter Straßenbahnanbindung in die Altstadt laden trotz schlechter Wettervorhersage zu einer Stadtbesichtigung ein.
Die Altstadt steht unter UNESCO-Weltkulturerbe und das Bild des Krantors am alten Hafen ist mehr als bekannt, ebenso die Wahrzeichen der Stadt, das alte Rathaus und der Artushof, ein prächtiges Gildehaus, mit dem Neptunbrunnen.
Uns begeistert die gesamte Altstadt mit ihrer Vielfalt an historischen Gebäuden, fast alle sorgfältig renoviert, entlang der großen Fußgängerzone, aber auch die kleinen und weniger berühmten Gassen mit ihren historischen Kaufmannshäusern.
Es ist der polnische Ostsee-Kurort schlechthin: Zoppot, das ehemals mondäne Ostseebad. Rund um die Seebrücke mit dem angeblich legendären Kurhaus herrscht Gedränge, einen Platz für unseren Toyo finden wir nur am Straßenrand und für die längste und schönste Seebrücke gilt es einen Eintritt zu bezahlen. Das finden wir für einen Spaziergang auf einer Mole doch etwas übertrieben, spazieren einmal die Promenade auf und ab und weiter geht's.
In der benachbarten Hafenstadt Gdingen sei die Mole eine schöne breite Allee mit Grünflächen, einer Marina, hübschen Museumsschiffen und eine der Attraktionen Nordpolens. Von der Marina sehen wir leider nichts, denn Zugang ist nur für Berechtigte, und ansonsnten versperren Souvenirbuden den Blick auf das Meer. Auch die Grünanlagen sind nur Wiesen. Vielleicht hatten wir einfach zu viel erwartet.
Weiter geht es entlang der polnischen Ostseeküste, die man aber leider nur durch Stichstraßen zum Meer erreicht. Ein Teil der Küste ist Nationalpark mit großen Seen hinter der Küste und Wanderdünen. Die Dünen, die wir bislang gesehen haben, konnten uns nicht allzusehr beeindrucken, was sicher an unserer letzten Reise durch die unendlichen Wüsten der arabischen Halbinsel liegt. Wir beschließen daher, auf den nur mit Eintritt und Shuttle-Bustour zu machenden Besuch der Dünen zu verzichten und cruisen, mit einigen Stops in kleinen Orten und Städten, in Richtung deutsch-polnische Grenze.
Usedom
Ein Gruß von meinen Eltern, die ihren Urlaub auf Usedom beenden, läßt uns auf die Straßenkarte schauen: wie weit ist es denn noch bis zur Grenze? Gerade einmal 200km - das sollten wir bei zügiger Fahrt auch mit unseren wenigen Pferdestärken in einem halben Tag schaffen und können den letzten Urlaubsabend meiner Eltern gemeinsam verbringen. Die Fähre von Swinemünde bremst uns etwas aus, denn wir stehen seit langem mal wieder im Stau, doch sind wir am frühen Nachmittag da und können in dem schönen Ostseebad Bansin den Tag gemeinsam ausklingen lassen.
Entgegen unseren Befürchtungen hinsichtlich teurer und überfüllter Groß-Campingplätze an der deutschen Ostseeküste finden wir einen kleinen und gemütlichen Stellplatz nahe des Zentrums mit perfekter Infrastruktur, so daß wir beschliessen noch ein bischen zu bleiben, um den Charme der alten "Kaiserbäder" Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin zu erleben. Das Wetter spielt einigermaßen mit - zumindest regnet es nicht - und wir verbringen zwei "Urlaubstage" mit Strandspaziergängen, Radfahren und leckerem Fischessen.
Stettin
Zurück in Polen statten wir Stettin einen Besuch ab, doch im Vergleich mit Danzig und den baltischen Hauptstädten kann die Altstadt nicht mithalten. Der gemütliche Marktplatz lädt zu einem letzten polnischen Mittagessen ein - natürlich Pierogi - und dann geht es los Richtung Heimat.
Entlang von Oder und Neisse fahren wir, mal auf deutscher mal auf polnischer Seite, südwärts und suchen uns schöne Übernachtungsplätze. Unerwartet finden wir uns in einer UNESCO-Welterbestätte wieder, dem Fürst Pückler-Park in Bad Muskau. Der Fürst gilt als Begründer der modernen Landschaftsgestaltung und schuf Anfang des 19. Jh. einen Landschaftsgarten der als ein Meisterwerk der Landschaftskunst gilt. Dies ist einen Stopp wert.
Übrigens: Fürst Hermann von Pückler-Muskau ist tatsächlich auch Namensgeber für das Fürst-Pückler-Eis, denn er war nicht nur als Landschaftsarchitekt sondern auch als Feinschmecker bekannt.
Görlitz
Zwei Ziele haben wir noch auf der "to do"-Liste: Görlitz und Dresden. Beide Städte haben wir vor fast 25 Jahren einmal besucht und sind sehr gespannt, wie es heute dort aussieht. Und wir werden nicht enttäuscht: Görlitz ist ein wahres Kleinod mit wunderschöner Altstadt und auch abseits der kleinen Gassen und Plätze beeindrucken die historischen Bürgerhäuser.
Dresden
Dresden ist sicherlich eine der meist besuchten Städte in Ostdeutschland und die Highlights in der Altstadt wie Frauenkirche, Semperoper, der Zwinger und das Residenzschloß sind auch absolute Hingucker. Als wir 1997 Dresden besuchten, stand der Wiederaufbau der Frauenkirche ganz am Anfang und die Steine der Originalfassade lagen sortiert und numeriert am Boden.
Das Residenzschloß, das im 2. Weltkrieg ebenfalls völlig zerstört wurde und an dem heute noch am Wiederaufbau gearbeitet wird, beeindruckt uns sehr, aber auch der Zwinger, einst als Repräsentationsort von August dem Starken errichtet, ist absolut sehenswert.
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Fürstenzug - 102 Meter langes Bild aus 23.000 Kacheln Meißner Porzellan
Noch ein Stopp im Schloß Wackerbarth, einem kleinen Weingut bei Dresden, in dem wir einen Reisefreund von 1995 treffen, und dann geht es nach Hause. Da wir für Tschechien wieder eine LKW-Mautbox mit Vertrag, Kaution etc. erwerben müssen, fahren wir durch den Bayerischen Wald und finden einen tollen Stellplatz an einem Gasthof mit Biergarten. Auch in Österreich nehmen wir zunächst die "Panoramaroute" entlang der Donau und quartieren uns auf einem schönen Campingplatz im Donautal - natürlich mit Gasthof - für unsere letzte Nacht im Toyopedi ein.
Rückblick
Diese Reise war anders. Sie war zum einen kürzer als unsere Überseereisen und wir waren erstmals mit dem Toyopedi in Europa unterwegs, was wir als sehr entspannend empfanden. Der "Stress" an den Landesgrenzen fiel weg, keine Zollerklärungen für den Toyopedi, keine nervige Suche nach einem Versicherungsbüro um eine lokale Kfz-Haftpflichtversicherung abzuschließen, keine "Interviews" mit dem Geheimdienst der erfahren möchte, was wir in dem Land wollen und ob wir tatsächlich Touristen sind. Auch keine Suche nach einer Telefongesellschaft, um die passende SIM-Karte für das Datenrooming zu kaufen.
Mehr rücksichtsvoll fahrende Verkehrsteilnehmer und ordentliche Straßen. Einfache Versorgung, überall nette Restaurants & Cafés und bis auf Polen die gleiche Währung.
Auch sind wir positiv überrascht, was die Übernachtungsplätze angeht. Von unseren bisherigen Reisen waren wir das "Freistehen" gewöhnt und mit unserem autarken Reisemobil brauchen wir nur selten einen Campingplatz. Vielleicht lag es an den bereisten Ländern, die doch erheblich weniger touristisch sind als der Süden Europas, denn wir haben tolle Plätze zum freistehen gefunden, aber auch schöne und entspannte Campingplätze ohne Gedrängel und überzogene Preise.
Wir haben Europa genossen und es war auch interessant mal wieder über unsere Geschichte zu lernen und Kreuzritterburgen, hanseatische Kaufmannshäuser und die Wolfsschanze in Polen zu besichtigen.
Eines war auf dieser Reise genauso schön wie bei den bisherigen Fernreisen: Überall wurden wir freundlich und herzlich empfangen und haben eine wunderbare Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft erlebt.