3. Reisebericht: Bolivien

2. - 25. Oktober 2014

“Unser sozialistischer Praesident Evo Morales kann zwar nicht richtig schreiben und lesen, aber die Staatsfinanzen hat er im Griff und er macht seine Sache gar nicht so schlecht”, sagt uns ein Unternehmer spaeter in Santa Cruz, denn es ist Wahlkampf in Bolivien. Bolivien ist eines der aermsten Laender Suedamerikas, aber sehr reich an Bodenschaetzen. Unser Reisefuehrer nennt Bolivien den "Bettler auf dem goldenen Thron". Wie wird wohl unser Eindruck sein?
Wir reisen in San Matias nach Bolivien ein, durch grosse Militaerkontrollen auf brasilianischer Seite. Die brasilianische Ausreise hatten wir schon am Tag zuvor in Caceres erledigt. Auf bolivianischer Seite, versteckt im Regenwald, werden wir vom bolivianischen Militaer nur registriert, die Einreise und den Zoll fuer das Auto sollen wir 30km weiter im naechsten Ort erledigen. Auch hier muessen wir erst suchen und mehrmals fragen, doch nach ca. 1,5 Stunden haben wir sowohl beide Anlaufstellen gefunden, als auch die Formalitaeten durch freundliche Grenzpolizisten erledigt. Wir befinden uns nun im bolivianischen Pantanal, dass aber keine Touristenattraktion ist, denn fuer ca. 200 km fahren wir, parallel zur brasilianischen Grenze, auf einer Drogenschmugglerroute, einer schlechten roten Sandpiste, die als unsichere Strecke gilt. Insgesamt fuenf Mal werden wir von bolivianischen Militaerposten freundlich kontrolliert und bis auf einen verunfallten LKW, der die Piste blockiert, verlaeuft unsere Fahrt ruhig und problemlos.

Jesuitenmissionen

Unser Ziel sind die Jesuitenmissionen aus dem 17./18. Jahrhundert. Im Gegensatz zu den Missionen in Paraguay und Argentinien, die heute Ruinen sind, wurden hier, nach der teilweise gewaltsamen Aufloesung durch die Spanier, die Doerfer nicht verlassen, sondern haben sich zu kleinen Staedten entwickelt und die ehemaligen Missionen sind noch erhalten oder teilweise sehr schoen renoviert. Wir besuchen San Ignacio de Velasco, Concepcion und San Javier.

In Cotoca besuchen wir zum ersten Mal einen bolivianischen Sonntagsmarkt, schauen den Start einer 4x4 Rallye an, und probieren an den Strassenstaenden die angebotenen lokalen Gerichte, waehrend uns die Bolivianer freundlich und neugierig beobachten. Viele Touristen kommen hier wohl nicht vorbei.

Santa Cruz

In Santa Cruz wollen wir neue Reifen fuer den Toyopedi kaufen, aber es ist Samstagabend. Somit verbringen wir den Sonntag mit einkaufen und werden beim Einladen unserer Vorraete vor dem Supermarkt mehrere Male von Bolivianern angesprochen, die uns in Bolivien willkommen heissen und uns touristische Tips geben. Irgendwann kommt Jorge mit seinem Hummer vorbei gefahren, begruesst uns freundlich in fliessendem deutsch, und laedt uns auf ein kuehles Bier am Pool ein. Bei fast 40 Grad schwuelheissem Wetter ein verlockendes Angebot. Seine Gastfreundschaft ist ueberwaeltigend und letztendlich hilft er uns bei Allem, was wir in Santa Cruz erledigen wollen. Er laedt uns zu Ehren seine Freunde zu einer "Parillada" (Grillfest) ein, und wir verbringen vier wunderschoene Tage in seinem Gaestehaus in einem tropischen Garten mit tollem Pool. Mit einer derartigen Gastfreundschaft haetten wir nie gerechnet, und auch alle seine Freunde haben nur den Wunsch, dass wir einen positiven Eindruck von Bolivien mit nach Hause nehmen - besser kann er bis jetzt auch nicht sein. Wir sind Fans von Bolivien, zumindest von den "Cruzenos" geworden. Von anderen Reisenden erfahren wir spaeter, dass sie vor der Kriminalitaet in Santa Cruz gewarnt wurden und daher einen grossen Bogen um die Stadt gemacht haben.

Ruta del Che

Wir folgen den Spuren des inzwischen legendaeren Comandante Ernesto "Che" Guevara de la Serna. Die "Ruta del Che" fuehrt zu den Orten an denen der Revolutionaer 1966 versuchte einen bolivianischen Volksaufstand zu organisieren, was misslang. Von den Guerilla-Camps und Urwaldverstecken ist heute nichts mehr zu sehen, doch die Aussichtslosigkeit seines Versuches einer sozialistischen Revolution wird angesichts des unwegsamen Gelaendes mehr als deutlich. In La Higuera, einem vergessenen Revolutionsdorf, in dem Che 1967 vom bolivianischen Militaer erschossen wurde, wird heute fast mythisch verklaert nicht nur von Revolutionsromantikern dem einstigen Freiheitskaempfer gedacht. Bei einer der jaehrlichen Gedenkfeiern zum Jahrestag seines Todes, erklaerte der bolivianische Praesident Evo Morales (vor wenigen Tagen mit 60% Mehrheit wieder gewaehlt): "Den Kampf, den Che begonnnen hat, beenden jetzt wir."
Nach einer zweitaegigen Fahrt auf einer einspurigen, teilweise extrem schlechten Piste mit steilen Abgruenden und einem Hoehenanstieg von 1.600m auf 3.300m, wird auch uns klar, dass der Umsturzversuch des asthmakranken Che und seinen schlecht ernaehrten Guerilleros wenig Erfolgschancen hatte.

Markt in Tarabuco

Von der Ruta del Che fahren wir Richtung Sucre, der Hauptstadt Boliviens, und legen einen Stop in Tarabuco ein, denn dort soll sonntags einer der groessten Bauernmaerkte Boliviens stattfinden. Lt. unserem Reisefuehrer kommen die Bauern aus den umliegenden Doerfern, in farbenfrohe Trachten gekleidet, nach Tarabuco, um ihre Waren anzubieten und auch fuer sich selbst einzukaufen. Zufaellig ist ausgerechnet an diesem Sonntag Praesidentenwahl in Bolivien und wir sind nicht sicher, ob der Markt ueberhaupt stattfindet, denn es besteht Fahrverbot (und seit drei Tagen Alkoholverbot!). Doch schon ca. 50 km vor Tarabuco begegnen wir bepackten Indios, die per Anhalter oder mit dem Bus den Markt erreichen wollen. Die Polizei erlaubt uns, am Dorfplatz zwei Tage stehen zu bleiben und wir erleben die bolivianische Landbevoelkerung “hautnah”. Der Markt ist aufgrund des Wahlsonntags tatsaechlich etwas kleiner, aber wir sind fasziniert von den Menschen in ihren Trachten und erstehen zum ersten Mal getrocknete Coca-Blaetter, um fuer die Hoehenanpassung einen leckeren Tee zu kochen.

Sucre: die Hauptstadt Boliviens

Sucre ist eine unter UNESCO Weltkulturerbe stehende schoene Kolonialstadt in der man sich wohlfuehlen kann. Regierungssitz ist La Paz, somit konnte Sucre viel von seinem urspruenglichen Charme behalten. Wir bummeln zwei Tage durch die Stadt und geniessen die entspannte Atmosphaere.

Salar de Uyuni

Unsere Tour fuehrt uns weiter ueber die Minenstadt Potosi (wir empfehlen allen Overlaendern mit grossen Fahrzeugen die Innenstadt aufgrund der extrem engen Strassen zu meiden!) zum Salar de Uyuni, einem Highlight unserer Tour. Mit 160 km Laenge und 135 km Breite ist der Salar der groesste Salzsee der Welt und wir hatten den fuer Fruehjahr dieses Jahres geplanten Besuch verschoben, da grosse Teile des Salzsees aufgrund der Regenzeit bereits unter Wasser standen. Jetzt sind wir kurz vor Beginn der Regenzeit und der Salzsee ist befahrbar, doch wir muessen auf die “Ojos”, die Wasserloecher, achten, in denen man auch ein Fahrzeug unserer Groesse versenken koennte. Wir treffen in Uyuni erneut Elisabeth und Kurt aus der Schweiz und beschliessen, die Fahrt gemeinsam zu starten.
Der Salzsee ist aufgrund eines grossen Sandsturms an vielen Stellen eher beige als weiss, doch die Fahrt ueber diese nahezu endlose Ebene ist unbeschreiblich.

Auf der mit ueber 1.400 Jahre alten Kakteen bewachsenen Insel Inca Huasi legen wir einen Pause ein und fahren dann ca. 20 km weiter zur Insel Pescada, wo wir voellig alleine - gemeinsam mit Elisabeth und Kurt - eine sternenklare Nacht erleben.

Wir verlassen den Salar mit Ziel La Paz und befinden uns direkt auf einer ca. 150 km langen Baustelle. Scheinbar soll aus der schlechten Schotterpiste irgendwann einmal eine richtige Strasse werden, noch kaempfen wir uns im Schritttempo Richtung Norden. Kurz vor Oruro ist die Strasse endlich geteert und auch staerker befahren und wir suchen einen Uebernachtungsplatz, denn in der Stadt wollen wir nicht stehen. Es gibt nichts was uns sicher erscheint, so biegen wir kurz vor der grossen Stadt in ein winziges Dorf ab und stellen uns an den zentralen Platz. Sofort werden wir von einigen Bolivianern begruesst, wir fragen hoeflich ob wir am Platz stehen duerfen, und man versichert uns, dass es eine grosse Ehre fuer sie sei, dass wir ihr Dorf Sora besuchen. Ausserdem sei heute ein Fest und wir sind herzlich eingeladen. Nachdem wir uns “eingerichtet haben” gehen wir in Richtung der lauten Musik und in einer Art Dorfgemeinschaftshaus ist die Party im vollen Gange. Wir werden sofort hinein gewunken, mit Bier, Schnaps und Coca Blaettern geradezu ueberschuettet und natuerlich zum Tanzen aufgefordert. Es werden viele Fotos mit uns gemacht, wir muessen immer wieder Haende schuetteln und werden in die Arme genommen. Hatten wir in Santa Cruz die tolle Gastfreundschaft eines bolivianischen Unternehmers kennengelernt, erleben wir jetzt die Gastfreundschaft der eher armen Landbevoelkerung.

La Paz

La Paz, der Regierungssitz Boliviens, liegt zwischen 3.100 und 4.100 Hoehenmetern. Schon einige Wochen bewegen wir uns nun in dieser Hoehe und haben uns gut daran gewoehnt. Das Verkehrschaos dieser Millionenstadt sind wir allerdings nicht gewoehnt und auch das Navi spielt bei Strassen mit ca. 20–30 % Steigung oder Gefaelle oft verrueckt. Es ist der pure Stress sich mit unserem Auto durch die Stadt zu bewegen. Erst nachdem unser Toyopedi sicher im Hof des Hotel Oberland abgestellt ist, koennen wir diese verrueckte Stadt geniessen. Die Urspruenge von La Paz liegen in einem grossen "Talkessel", inzwischen sind die umliegenden steilen Berge bebaut und die Haeuser "kleben" an und auf den Felsen.
Wir bummeln durch die Altstadt und unternehmen eine Fahrt mit der neuen Seilbahn, die fast den kompletten Hoehenunterschied ueberbrueckt.

Unser Auto bekommt einen weiteren Service, das Fahrwerk wird nochmals umgebaut und die Halterungen fuer die Kabinenbatterien, die durch Erschuetterungen ausgebrochen sind, werden neu geschweisst. Perfekte Mechaniker gibt es bei Volksauto-Motor von Ernesto Hug, der sein Handwerk in der Schweiz gelernt hat.

Lago Titicaca

Auf rd. 4.000 Hoehenmetern geht die Fahrt mit wunderschoenen Aussichten auf schneebedeckte Sechstausender nach Copacabana am Titicacasee. Die Kleinstadt ist ein Wallfahrtsort und kommt uns wie die Hippie-Hochburg Boliviens vor. Wir stehen vor einem Hostel direkt am See und geniessen die Atmosphaere und den tollen Sonnenuntergang.

Der Titicacasee ist fast 13mal groesser als der Bodensee und mit ueber 3.800 Hoehenmetern der hoechste schiffbare See der Erde. Knapp 70% der Seeflaeche gehoeren zu Peru, weitere Bilder und Eindruecke folgen somit im naechsten Reisebericht.