1. Reisebericht: Es reicht!
3. - 18. März 2022
Immer noch Nachtfrost! Und tagsüber kalter Wind. Wir wollen endlich Sommer oder zumindest Temperaturen im zweistelligen Plusbereich. Wer kann helfen? Natürlich unser Toyopedi, der im Nachbarort in einer Garage steht.
OK: Volltanken, Technick-check, Einkaufen, Vorräte und Klamotten einräumen. Nach 6monatiger Reisepause müssen Gewürzdöschen für die Küche wieder gefüllt werden, noch einmal Zuhause Brot backen, Kühlschrank abtauen, die Versorgung unseres Katers "Herrn" Moritz sichern, also mehrere Stiegen Katzenfutter einkaufen, und welche Klamotten mitnehmen? Gut, so schnell wird es nicht warm, also doch einige Pullover, aber hauptsächlich T-Shirts, denn warm sollte es dann im Süden schon sein.
Somit starten wir gen Süden in Richtung Graz. Am Autobahndreieck Graz überlegen wir nochmal kurz: Weiter nach Slowenien und dann nach Griechenland oder Richtung Klagenfurt und weiter nach Spanien. In Südspanien sind die Temperaturen derzeit etwas höher als in Griechenland, und 2 Grad mehr ist es wert die weitere Strecke auszuwählen.
Somit geht es über Villach und Udine Richtung Venedig, Verona und Brescia und weiter nach Genua an die Mittelmeerküste. Zumindest scheint die Sonne, aber die Temperatur ist noch nicht so wie wir sie gerne hätten. Über Nizza, Cannes und Marseile geht es weiter nach Montpellier und Barcelona. Valencia hätten wir uns gerne angesehen, doch es regnet in Strömen. In Alicante wird das Wetter langsam besser, somit beschließen wir in Cartagena einen ersten touristischen Stop einzulegen.
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Hafeneinfahrt von Cartagena
Beeindruckend ist die enge Einfahrt in den alten Hafen, die von zwei mächtigen Burgen geschützt wird. Die Stadt wurde schon um 200 vor Chr. gegründet, zur Römerzeit erlebt sie eine Blüte und wir wollen das Amphitheater anschauen, doch die Anlage ist von einem großen Bauzaun umrundet und kein Zutritt möglich. Somit bummeln wir ein bischen durch die Gassen der Altstadt und sind bald schon wieder auf der Piste.
Die einzige natürliche Wüste Europas liegt zu Füßen der Sierra Nevada im Hinterland von Almeria. Wüste? Also nichts wie hin! Wir haben aber wohl noch unsere "Arabien"-Brille auf wenn wir an Wüste denken und haben irgendwie mehr Sand erwartet.... Stattdessen durchfahren wir eine bergige Landschaft mit Pinienwäldern und schönem Ausblick auf die schneebedeckten Gipfel der fernen Sierra Nevada. Wie trocken es hier ist merken wir erst bei unserer Übernachtung in einsamer Natur am Rande das Naturparks, denn es herrrscht absolute Stille. Auch am nächsten Morgen zwitschert nicht ein einziger Vogel.
Die Stadt Almeria wurde vom Kalif des Emirats von Cordoba gegründet und sollte der Haupthafen seines Reichs werden. Die mächtige Festung über der Stadt stammt aus dieser Zeit. Uns gefällt die Stadt mit ihren Palmen-Alleen und engen Gassen in der Altstadt und wir bummeln kreuz und quer bis wir in einer wunderbaren traditionellen Tappas-Bar landen. Es ist Mittagszeit und wir fragen nach einem Saft - ein irritierter Blick des Kellners und er schüttelt energisch den Kopf: Nein! Er hat Wein und Bier und ja, auch ein alkoholfreies Bier. Das nehmen wir und bekommen "trotzdem" die kostenlosen Tappas zum Getränk.
Weiter geht es Richtung Granada. Das Wetter passt endlich und wir fahren die Landstraße an der Küste, doch die ist weniger malerisch als wir uns das vorgestellt haben. Die hügelige Landschaft ist über -zig Kilometer mit Gewächshäusern zugepflastert, von den steilsten Hängen bis an den Strand nichts als Plastikfolien. Das ganzjährig warme Klima erlaubt Obst-und Gemüseanbau im großen Stil und der Trend geht ja nun auch weg von Importen aus Übersee. Wir finden dennoch einen hübschen kleinen Ort am Meer mit einem gemütlichen Campingplatz und genießen erst einmal die Sonne.
Bevor es nach Granada geht machen wir einen Abstecher in die Sierra Nevada, lt. Reiseführer einer der schönsten Landstriche der Provinz Granada, zu den weißen Bergdörfern der Alpujarra. Auf 1.000 Höhenmetern ist es noch ziemlich frisch und wir begnügen uns mit einem der Dörfer, das auch noch ziemlich im Winterschlaf steckt.
Granada
Wir ergattern den letzten Platz auf einem stadtnahen Campingplatz und wollen direkt losziehen, um den Abend in einer der unzähigen Tappas-Bars zu genießen, doch das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung. Auch die Vorhersage ist eher durchwachsen, doch wir haben Glück und am nächsten Morgen läßt sich sogar die Sonne blicken. Tickets für die Hauptattraktion, die Festungsanlage Alhambra, haben wir für den nächsten Tag bekommen, somit ist erst einmal eine ausgedehnte Stadtbesichtigung angesagt.
Wir beginnen an der Kathedrale und lassen uns treiben - über schöne Plätze und kleine Gassen und zu einem der wohl schönsten Aussichtspunkte der Stadt mit tollem Blick auf die Alhambra und die dahinter liegenden schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada.
Es ist Wochenende und gefühlt ist halb Spanien unterwegs in Granada. Ein Plätzchen in einer der unzähligen Tappas-Bars zu ergattern ist nicht einfach, doch wir sind hartnäckig und lernen auch gleich ein neues Getränk kennen: Sommer-Rotwein. Wir hätten es uns ja eigentlich denken können: ein leichter Rotwein, gespritzt mit Mineral, dazu Eiswürfel und Zitrone. Schmeckt sogar!
Bereits seit 1984 zählt die Alhambra zum Weltkulturerbe und diese Auszeichnung hat die aus der Zeit der arabischen Nasridenherrschaft stammende Anlage wirklich verdient. Prunkvolle Säulengänge, riesige Stuck-Kuppeln und Stalaktitengewölbe sowie unendlich feine Steinreliefarbeiten an fast allen Wänden machen den Besuch zu einem eindrucksvollen Erlebnis.
Auf einem weiteren Hügel liegt der Sommerpalast Generalife mit seinen Gartenanlagen, zu denen auch große Nutzgärten gehörten. Durch eine Parkanlage entlang der Mauern der Burg geht es dann zurück in die Stadt und wir finden eine kleine Bar mit leckerem Mittagsmenue, dass natürlich auch am Nachmittag serviert wird.
Montefrio
National Geographic zählt es zu den schönsten Dörfern der Welt: Montefrio, in den Bergen nordwestlich von Granada gelegen. Das ist uns einen Abstecher wert, auch wenn es in Strömen regnet und die Wolken tief in den Bergen hängen. Vielleicht haben wir ja Glück! Eine schöne Bergstrecke durch ausgedehnte Olivenhaine führt uns immer höher in die Berge - und in den Nebel. Da liegt auch Montefrio. Eine Festung mit Kirche thront spektakulär auf einem Felsen über dem Ort, durch den Nebel- und Regenschleier können wir das nur erahnen und schenken uns den Spaziergang durch die sicher sehr malerischen Gassen.
Wieder an der Küste lichten sich die Wolken und wir finden einen netten Stellplatz direkt am Meer.
Der Himmel ist nicht mehr grau sondern in eine orange-gelbe Farbe getaucht, durch die die Sonne nicht durchdringt. Unser Toyopedi hat die gleiche Farbe angenommen. Saharasand! Und der Regen setzt wieder ein - kein schöner kräftiger sondern ein dauerhafter Niesel und aller Staub wird in eine rötliche Schmiere verwandelt. So haben wir uns das mediterane Malaga und die Costa del Sol nicht vorgestellt.
Wir spazieren trotzdem los und sehen nach kurzer Zeit ebenso gelb-orange gesprenkelt aus. Die Kamera wollen wir gar nicht auspacken. Der Himmel ist unheimlich und wirkt erdrückend und wir fühlen uns beim Spaziergehen leicht schwindlig.
Leider hat uns eine Regenfront erwischt und die Fahrt entlang der Küste nach Marbella macht nicht allzuviel Spaß, was sicher auch an der völlig zugebauten Küste liegt. Den historischen Stadtkern wollen wir uns dennoch anschauen, doch eine große Veranstaltung läßt die Parkplatzsuche scheitern und wir beschließen unser nächstes Ziel anzusteuern: Ronda
Die imposante "Puente Nuevo" aus dem 18. Jhdt. ist das Wahrzeichen der Stadt. Die über 100 Meter tiefe Schlucht teilt die hübsche Altstadt, die wir zu Fuß erkunden. Auch die Stierkampfarena besuchen wir, denn die Stadt gilt als eine der Wiegen des Stierkampfs und die Arena ist eine der ältesten des Landes.
Ein weiteres Highlight der Region ist der legendäre "Königspfad", der Caminito del Rey durch die Schlucht "Desfiladero des los Gaitanes". Ursprünglich Anfang des 20. Jhdts. zur Versorgung zweier Wasserkraftwerke angelegt, führt der Pfad spektakulär entlang der bis zu 400 Meter hohen Felswände über dem Flußbett des Rio Guadalhorce. Der ursprüngliche Pfad konnte nur von erfahrenen Kletteren bezwungen werden und nach einer Reihe von Todesfällen erfolgte die Schließung, in 2014 die Restaurierung durch Spezialisten im Klettergeschirr quasi in Handarbeit, so daß der Wanderweg heute "nur" noch Schwindelfreiheit erfordert.
Mindestens genauso spektakulär führt die Eisenbahnstrecke durch die Schlucht, die schon Ende des 19. Jhdts. fertiggestellt wurde und die Minengebiete um Cordoba mit den Kohlefabriken bei Malaga verband.