3. Reisebericht: Baltikum II - Südwärts

15. - 28. August 2021

Nach dem Highlight Tallin geht es jetzt zum "Insel-Hopping". Per Fähre geht es auf die Insel Hiiumaa, die kleine Schwester von Saaremaa, der größten und bekanntesten Insel Estlands. Im Hafenstädtchen Haapsalu ist die alte Bahnstation ein Hingucker. Anfang des 20. Jh. mit Unterstützung der Zarenfamilie gebaut, reisten die reichen Russen zum Kuren an die Ostsee. Unser Spaziergang zu den Ruinen einer gewaltigen Bischofsburg wird durch den Regen eher feucht als fröhlich und der Regen soll uns leider die nächsten Tage weiter begleiten.

  • ein ehemaliger Steinbruch - heute ein Abenteuerspielplatz

Hiiumaaa, die zweitgrößte estnische Insel, ist Natur "pur". Nur wenige kleine Orte, ansonsten viel Wald, Strände und Meer. Leider lädt das Wetter nicht zum Sonnenbaden ein und unsere Tour über die Insel wird zum "sightseeing" aus dem Auto. Ein verlassener Panzer am Straßenrand lockt uns dann doch in den Wald zu völlig mit Moos bedeckten Bunkern. Wir lesen nach und lernen, dass die Insel zu Sowjetzeiten Sperrgebiet war und die Rote Armee auf diesem westlichsten Vorposten Geschützstellungen und eine Radarstation unterhielt.

  • Denkmal für die Kinder der Estonia-Katastrophe

Entlang der Küste fahren wir eine "Leuchtturm"-Tour, durchqueren die Insel auf herrlichen Schotterpisten und quartieren uns stilecht an einem Leuchtturm für die Nacht ein.

Die nächste Fähre bringt uns nach Saaremaa. Leider regnet es noch immer und wir "erfahren" die Insel. Die wenigen Regenpausen nutzen wir für kurze Spaziergänge am Meer. Wahrzeichen der Insel sind die Windmühlen von Angla, nur fünf von ehemals hunderten stehen noch.

TÖLL UND PIRIT

"Vor langer Zeit lebte auf der Insel Saaremaa ein Riese mit Namen "Großer Töll" und seine Frau Pirit. Töll war freundlich, schützte die Inselbewohner vor Schaden und half den Fischern, die in Gefahr waren. Die Riesen waren warmherzig, fleißig und gerecht. Die Bewohner von Saaremaa werden ihre Helden Töll und Pirit nie vergessen wo immer sie sind und Hilfe benötigen."

Die "Hauptstadt" der Insel, Kuressaare, hat sich um eine gewaltige Burganlage entwickelt. Die Bischofsburg ist für uns einer der schönsten Anlagen die wir auf dieser Reise besichtigt haben und wir bummeln - endlich auch ohne Regen - auf den mächtigen Burgmauern und weiter entlang der hübschen Hauptstrasse des Städtchens.

  • Lunch im Mühlenrestaurant
  • landestypisch: kalte Rote Beete-Suppe mit Hering

Der Krater von Kaali ist das Ergebnis eines Meteoriteneinschlages vor ca. 3.500 Jahren und seine Entstehung inzwischen wischenschaftlich bestätigt. Der Eisenmeteorit hatte ein geschätztes Gewicht von 46 Tonnen und einen Durchmesser von nicht mehr als 6 Metern.
Weiter geht's zur kleinen Insel Muhu, über einen Damm mit Saaremaa verbunden. Weniger als 2.000 Menschen leben auf dem Eiland und wir besuchen, passend zu dem eher beschaulichen Treiben zwischen Wald und Stränden, das historische Fischerdorf Koguva, ein "lebendiges" Freilichtmuseum. Noch rund 20 Familien leben in den alten reetgedeckten Steinhäusern ihrer Vorfahren.

  • Kaali Krater
  • Abendshow
  • an unserem Übernachtungsplatz

Wieder auf dem Festland stoppen wir in dem Städtchen Pärnu, dass sich selbst die "Sommerhauptstadt Estlands" nennt. Von Sommer merken wir leider weiterhin nicht viel, denn es ist immer nocht kalt und regnerisch. Die hübsche Fußgängerzone lädt dennoch zu einem Bummel ein, wenn auch die meisten Geschäfte geschlossen haben, denn es ist Nationalfeiertag. Ein kleiner Laden mit den für Estland typischen Leinenstoffen hat geöffnet und wir decken uns mit einigen schönen Teilen ein.

Lettland

Entlang der Rigaer Bucht steuern wir unser nächstes Ziel an: den Gauja Nationalpark. Die Region gilt als der landschaftliche Höhepunkt des Landes und eine Paddeltour auf der Gauja ein "must have". Wir quartieren uns erst einmal auf einem schönen Campingplatz ein und hoffen, dass sich das Wetter bessert. Dies ist leider nicht der Fall und wir verzichten auf paddeln und wandern durch die Wälder. Stattdessen besuchen wir den kleinen Ort Cesis mit Burgruine, Schloß und Holzhäusern in der Altstadt.

  • Rote Felsen von Klintis
  • Stellplatz mit Terrasse und Seeblick
  • Burgruine in  Cesis
  • Schloß

Wie ein weitläufiger Garten sei die Stadt Sigulda schreibt unserer Reiseführer und in der Tat lebt es sich hier im "Grünen", was aber nicht nur an den vielen großen Parks liegt, sondern sicher auch an dem häufigen Regen. Drei Burgen umgeben die Stadt, zwei davon sind heute eine Ruine und die dritte, die Bischofsburg von Turaida, gilt als die berühmteste Burg Lettlands.

  • Felshöhlen
  • Schloß in Sigulda
  • ehemalige Schwertritterburg
  • Reste der Burg von Krismulda
  • Bischofsburg Turaida

Wir verzichten auf eine Besichtigung der weitläufigen Burg, denn das Wetter spielt wieder mit und wir wollen in die Hauptstadt Riga für einen ersten Abendspaziergang.
Auf einer Insel im Fluß Daugava befindet sich neben Krankenhaus, Schulen und Messezentrum auch der Stadtcampingplatz: eine große Wiese hinter einer Messehalle mit WCs in Baucontainern und Duschen in der Halle. Aber die Altstadt ist zu Fuß zu erreichen, das Wetter passt und somit marschieren wir los.
Unser erster Eindruck: absolut sehenswert und es wäre schade, diese schöne Stadt nicht zu besuchen. Eines der beeindruckendsten Häuser ist das "Schwarzhäupterhaus", das Gildehaus der unverheirateten ausländischen Kaufleute, die als Schutzpatron den farbigen heiligen Mauritius verehrten. Bernd meint, dass es wohl nur unverheirateten Männern möglich war, solch ein prachtvolles Gebäude zu errichten.

  • Beginn unseres Altstadtspazierganges
  • Kunstmuseum in der Rigaer Börse
  • Dom von Riga, die größte Kirche des Baltikums
  • Domplatz
  • Schwarzhäupterhaus
  • mit Rolandstatue

Skulpturen von Medusa oder Löwen, Pflanzenranken und andere kunstvolle Ornamente - in Riga wurde zu Beginn des 20. Jh. im Jugendstil gebaut. In zwei Straßen nahe der Altstadt reihen sich die als Mietshäuser gebauten Schmuckstücke aneinander und die prachtvollen Fassaden sind mehr als ein Fotomotiv.

Durch die "Neustadt" spazieren wir zurück in die Altstadt und streifen erneut kreuz und quer durch die Gassen. Trotz des kühlen Wetters sind die Restaurantterrassen besetzt und wir lassen es uns auch in einem der unzähligen Straßenrestaurants schmecken. Zum Aufwärmen geht es dann in den Toyopedi.

Unsere Fahrt zum Kap Kolka, der Landspitze zwischen Rigaer Bucht und Ostsee, verläuft weitgehend im Regen, so dass wir mal wieder "sightseeing" aus dem Auto machen. Die angeblich besten Strände Lettlands liegen an der Küste südlich des Kap Kolka, doch Strand "feeling" kommt bei dem Regenwetter nicht auf.
Beeindruckend sind am Kap die gegeneinander laufenden Meeresströmungen und wir beobachten fasziniert die aus zwei Richtungen kommenden Wellen.

Auch in Ventspils, dem wichtigsten Hafen Lettlands, regnet es in Strömen und unser Spaziergang an der Hafenpromenade fällt ins Wasser. Wir machen einen Abstecher weg vom Meer zur ehemaligen Hansestadt Kuldiga, die auch ohne Meerzugang im Mittelalter aufgrund eines zur Ostsee schiffbaren Flußes Hansemitglied wurde. Dies ist jedoch nicht der Grund unseres Besuches, sondern Europas breiteste Stromschnelle. Zwar nur 2 Meter tief, dafür aber 250 Meter breit.

  • Kirche in Jurmala
  • "Weiße Dünen" im Wald
  • Nächste Verschiffung?
  • Moderne Kunst im Hafen
  • Historische Brücke in Kuldiga
  • 250 Meter breite Stromschnelle
  • Rathausplatz in Kuldiga
  • Markthalle in Liepaja

Litauen

Lediglich knapp 100 Kilometer misst Litauens Küste, davon liegen 50km auf der kurischen Nehrung. Auf diese Landzunge, Litauens berühmtester Nationalpark, wollen wir, doch zuvor machen wir einen Spaziergang durch Klaipeda, das sich lt. unserem Reiseführer die Atmosphäre einer norddeutschen Hansestadt bewahrt hat, mit Kopfsteinpflastergassen und Fachwerkhäusern. Diese suchen wir und werden dann auch fündig. Ob das für den Vergleich mit einer norddeutschen Hansestadt reicht bezweifeln wir.

  • einsamer Strand an unserem Übernachtungsplatz bei Liepaja

Per Fähre geht es auf die kurische Nehrung. Die 100km lange Landzunge ist zur Hälfte russisches Staatsgebiet und die Landverbindung liegt in der Exklave Kaliningrad. Zwischen 380 Metern und knapp 3 Kilometern ist die Nehrung breit und trennt das Haff von der Ostsee. Der Nationalpark kostet stolze EUR 30,00 Eintritt, dazu kommen EUR 26,00 für 3 Minuten Fährfahrt, und wir sind gespannt was uns erwartet. Im ersten kleinen Ort mit schönen alten Holzvillen die vergebliche Suche nach einem Parkplatz. Die wenigen kleinen Parkplätze sind voll und wir haben mit unserem Toyo keine Chance auf ein freies Plätzchen. Also weiter zur nächsten "Attraktion", eine der großen unter Naturschutz stehenden Dünen. Auch hier ist der kleine Parkplatz voll und kann maximal Fahrzeuge in PKW-Größe aufnehmen. Wir warten am Straßenrand und haben Glück, dass nach kurzer Zeit ein längerer Platz am Rand frei wird. Also rauf auf die Düne, doch halt: erneut Eintritt zahlen, EUR 10,00 um auf die Düne zu kraxeln. Wir fühlen uns in ein "Touristen-Abzock-Land" versetzt, und das in den bislang so entspannten baltischen Staaten, fernab von preislich überzogenen Urlaubsdestinationen.
An der nächsten großen Düne, ohne zusätzlichen Eintritt, passen max. 4-5 PKW auf den kleinen Parkplatz am Straßenrand, also fahren wir direkt weiter. Die letzten großen Dünen liegen im Süden der Landzunge bei Nida und hier gibt es große Parkplätze, denn Nida gilt als der hübscheste Ort der Nehrung und hat entsprechend viele Besucher. Der Marsch bergauf durch den Wald wird mit einer schönen Aussicht auf die Dünenlandschaft, das Haff und die Ostsee sowie die russische Grenze belohnt.
Ein Traumstrand an der Ostsee bei Preila, wo wir auf einem kleinen Parkplatz hinter den Dünen einen ruhigen Übernachtungplatz finden, versöhnt uns dann wieder mit der Nehrung.

  • Blick auf Haff und Ostsee
  • mit der "Grenze" zu Russland an der Baumlinie
  • Jean-Paul Satre, nach einer Fotografie von 1965
  • Strand an unserem Übernachtungsplatz

Hauptsehenswürdigkeit von Nida sei das Anfang des 20. Jh. errichtete Ferienhaus von Thomas Mann, heute ein kleines Museum. Uns interessieren eher die schmucken Fischerhäuschen mit ihren geschnitzten Verzierungen, von denen viele akkurat herausgeputzt am Ufer des Haffs stehen, mit liebevoll angelegten Gärten.

Es wird Samstag und wir merken, dass die Nehrung ein Ausflugsziel der Einheimischen ist, denn es wird immer voller und wir verlassen die Landzunge.
Hat es sich gelohnt? In Anbetracht des Eintrittes nicht wirklich, denn tolle Ostseestrände und hübsche kleine Orte mit schönen Holzvillen hat es entlang der gesamten Küste. Zumal wir bei dem Eintritt - es gibt eine eigene Kategorie für WoMo - auch erwarten, dass mehr Parkraum für größere Fahrzeuge vorhanden ist.
Wir nehmen wieder "Fahrt auf" und steuern entlang der Grenze zu Kaliningrad in Richtung Polen.